Aktienanalyse - TAG Immobilien AG - "Growing Cashflows" mit bezahlbarem Wohnraum
Aktienanalyse TAG Immobilien AG |
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WKN | 830530 |
Preis | 17,31 EUR |
Marktkapitalisierung | 2,5 Mrd. EUR |
Datum der Analyse | 23.03.2018/ 12.04.2018 |
Zusammenfassung: Mit der TAG Immobilien AG vom Immobilienboom profitieren
- Solides und krisenfestes Geschäftsmodell - Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Menschen
- Bezahlbarer Wohnraum in Deutschland ist knapp - Die TAG Immobilien AG hat ihn
- Aktionärsfreundliche "Growing-Cashflows" Strategie
- Höchste Dividendenrendite im Peer-Group-Vergleich, aber Probleme bei der Ausschüttungsquote
Inhaltsverzeichnis
- Unternehmensprofil
- Geschäftsmodell
- Branchen- und Konkurrenzanalyse
- Management- und Shareholderanalyse
- Umsatz- und Absatzanalyse
- Vermögens- und Finanzanalyse
- Dividendenanalyse
- Prognose und Ausblick
- Chancen und Risiken
- Fairer Wert der Aktie
- Fazit
1. Unternehmensprofil der TAG Immobilien AG
- Website: https://www.tag-ag.com
- Firmensitz: Hamburg
- Gründung: 1882
- Sektor: Immobilien
- Branche: Wohnimmobilien
- Index: MDAX
- Mitarbeiter: 961 (31.12.2017)
- Anzahl der Wohnungen: 83.000
- Umsatz: 426 Mio. EUR (2017)
- Gewinn: (2017)
- Jahresüberschuss: 313,7 Mio. EUR
- FFO: 127,4 Mio. EUR
- AFFO: 84,6 Mio. EUR
- Dividende je Aktie:
- 2017: 0,65 EUR
- 2018e: 0,79 EUR
- Ausschüttungsquote (2017):
- FFO Payout: 74,7%
- AFFO Payout: 112,1%
2. Geschäftsmodell der TAG Immobilien AG: Wohnimmobilien langfristig vermieten
Die TAG Immobilien AG (TAG) ist ein auf den deutschen Wohnimmobiliensektor fokussiertes Immobilienunternehmen mit Sitz in Hamburg. Das Unternehmen wurde im Jahr 1882 als Eisenbahn Aktiengesellschaft Schaftlach-Gmund-Tegernsee in München gegründet. Bis zum Verkauf im Jahr 2012 gehörte die Bahnstrecke Schaftlach-Tegernsee, mit 12,4 Kilometern Länge sowie den Bahnhofsgebäuden in Gmund und Tegernsee, zum Vermögen der TAG.
Gewerbeimmobilien spielen seit Mai 2014 keine Rolle mehr und sind allenfalls untergeordnetes Beiwerk beim Erwerb größerer Wohnimmobilienportfolios.
Der Verkauf des Gewerbeimmobilienportfolios war die folgerichtige Konsequenz einer strategischen Neuausrichtung der TAG Immobilien AG infolge der weltweiten Finanz- und Eurokrise in den Jahren 2007 bis 2009. Im Jahr 2009 waren noch 58,7% des bilanzierten Immobilienvolumens Gewerbeimmobilien. Hauptmieter war mit über 52% der gewerblichen Mieteinnahmen der Siemens Konzern. Die Finanzkrise traf auch den gewerblichen Immobiliensektor in Deutschland schwer. Die TAG Immobilien AG musste in den Jahren 2008 und 2009 hohe Abschreibungen, insbesondere auf das gewerbliche Immobilienportfolio, vornehmen. Das Ergebnis war ein Konzernverlust in den Jahren 2008 und 2009 von jeweils über 30 Mio. EUR.
Bedingt durch verstärkte Investitionen in Wohnimmobilien, wurde der Anteil der gewerblichen Immobilien im Rahmen der strategischen Neuausrichtung in den folgenden Jahren kontinuierlich reduziert.
Heute besteht das Geschäftsmodell der TAG ausschließlich aus der langfristigen Vermietung und Bewirtschaftung von Wohnungen in Nord- und Ostdeutschland sowie Nordrhein-Westfalen. Ergänzend und von untergeordneter Bedeutung werden Hausmeister- und Handwerkerdienstleistungen sowie Multimediaangebote und die Wärmeversorgung durch TAG-eigene Servicegesellschaften und Mitarbeiter erbracht.
Jahresabschlüsse vor dem Jahr 2014 und die daraus abgeleiteten Bilanz- und Bewertungskennzahlen sind daher bei einer Analyse der TAG Immobilien AG nur teilweise und im Ergebnis sehr eingeschränkt aussagekräftig. Das Geschäftsmodell hat sich, ausgehend von einem Immobilienmischkonzern bestehend aus Gewerbe- und Wohnimmobilien, hin zu einem reinen Wohnimmobilienunternehmen, grundlegend verändert.
Das Unternehmen konzentriert sich auf Regionen, die positive Wachstums- und Entwicklungsdaten aufweisen und verfolgt die sogenannte „ABBA-Strategie“. Man investiert also in A-Lagen der B-Städte und in B-Lagen der A-Städte. Aus Sicht der TAG bieten B-Lagen und B-Städte ein wesentlich besseres Rendite-/Risikoprofil als die häufig aktuell schon sehr teuren A-Lagen in A-Städten.
Höhere Leerstände sind kein Investitionshindernis, solange diese nicht strukturell bedingt sind. Durch einen kontinuierlichen Abbau des Leerstandes mittels Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen konnte die TAG in der Vergangenheit ein attraktives Mietwachstum erzielen.
Das Unternehmen betreibt eine „Kapital-Recycling“-Strategie. Der durch den Ankauf günstiger Immobilien mit niedrigem Multiplikator (Kaufpreis/ Nettojahreskaltmiete) und den Verkauf von Immobilien mit hohem Multiplikator erzielte Nettogewinn wird in neue günstige Immobilienportfolios investiert. So wurden im Jahr 2017 Immobilien mit einem durchschnittlichen Multiplikator von 12,2 erworben. Bei Verkäufen wurde ein durchschnittlicher Multiplikator von 18,7 der Jahresnettokaltmiete erzielt. Als allgemeine Faustformel gilt im Immobilienbereich ein Multiplikator von bis zum 20-fachen der Nettojahreskaltmiete noch als günstig.
Die TAG sieht sich in einer hohen sozialen Verantwortung gegenüber den Mietern und bietet attraktiven und bezahlbaren Wohnraum. So beträgt die durchschnittliche Netto-Miete je qm Wohneinheit einer TAG Wohnung nur EUR 5,20. Zum Vergleich:
- Die durchschnittliche Nettokaltmiete je qm beträgt für ganz Deutschland EUR 6,54 (2016).
- In fast allen deutschen Großstädten (A-Städte) werden Mieten von über EUR 10 pro qm verlangt. Spitzenreiter ist München mit über EUR 17 pro qm.
Die hohe soziale Verantwortung unterstreicht die TAG Immobilien mit einem Nachhaltigkeitsbericht, der für das Jahr 2017 erstmals nach internationalen Standards aufgestellt wurde.
Aufgrund der derzeit hohen und aus Sicht der TAG unattraktiven Kaufpreise für Wohnimmobilienportfolios konzentriert sich die TAG Immobilien AG in den letzten Jahren verstärkt auf die Wertsteigerung pro Aktie mit der „Growing Cashflows“- Strategie.
Ein Wachstum in absoluten Größenordnungen (wie z.B. beim Wettbewerber Vonovia SE) steht nicht mehr im Vordergrund der Unternehmensstrategie. Ziel ist vielmehr eine nachhaltige Bewirtschaftung des Immobilienbestandes, um Mietern preisgünstigen Wohnraum und Investoren wachsende Cashflows durch attraktive Dividenden zu bieten.
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3. Branchen- und Konkurrenzanalyse: Wohnraum ist in Deutschland ein knappes Gut
Wohnen ist ein fundamentales Grundbedürfnis des Menschen.
Deutschland ist der größte Immobilienmarkt in Europa. Die Immobilienwirtschaft ist eine der größten und wichtigsten Branchen der deutschen Volkswirtschaft und ist mit einer Bruttowertschöpfung von jährlich über 500 Mrd. EUR größer als die Automobilwirtschaft oder der Einzelhandel.
Von den 42 Mio. Wohnungen in Deutschland werden 23 Mio. vermietet. Die Eigentümerstruktur ist stark fragmentiert. Die Mehrheit der Eigentümer sind Privatpersonen. Die Wohneigentumsquote ist in den letzten Jahren leicht gestiegen, liegt aber im europäischen Vergleich mit 45,5% noch immer am unteren Rand. Nur 4% der Wohnungen stehen im Eigentum von börsennotierten Immobiliengesellschaften.
Der deutsche Immobilienmarkt wird durch die Megatrends, Klimawandel, Urbanisierung und die demografische Entwicklung beeinflusst.
Insbesondere die jüngeren Altersgruppen zieht es verstärkt weg vom ländlichen Raum hin in Ballungszentren und Metropolregionen. Davon profitieren nicht nur Großstädte in den alten Bundesländern wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt am Main. Auch Großstädte in Ostdeutschland, wie Leipzig, Jena und Dresden, sind in den vergangenen Jahren klare Zuzugsgewinner.
Die Zahl der Haushalte in Deutschland betrug im Jahr 2016 rd. 40,9 Mio. Davon lebten in 30,7% der Haushalte nur eine oder zwei Personen. Der Anteil soll bis zum Jahr 2035 auf 34,4% weiter steigen, so dass sich die Nachfrage nach bedarfsgerechtem und bezahlbarem Wohnraum weiter erhöhen wird.
Getragen und verstärkt wird die Nachfrage außerdem durch die demografische Entwicklung einer älter werdenden Gesellschaft sowie die Migration und den damit einhergehenden steigenden Anteil ausländischer Staatsbürger. Deutschland gilt weiterhin als Hauptzielland Asylsuchender in der Europäischen Union.
Bundesweit fehlen nach Schätzungen derzeit ca. eine Million Wohnungen.
Das mangelnde Angebot treibt die Preise für Wohnraum. Im Vergleich zum Jahr 2016 stiegen die durchschnittlichen Kaufpreise je Wohnung um 27%. Die stärksten Preiszuwächse wiesen dabei A- und C-Städte auf. Die Zahl der verkauften Wohnungen ging jedoch zurück und ist ein Ausdruck der Angebotsknappheit.
Die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat sich aufgrund des Mangels an bezahlbarem Wohnraum im Koalitionsvertrag 2018 umfangreich zum Thema „Schaffung von Wohnraum“ geäußert. Es soll eine „Wohnraumoffensive“ geben. Der soziale Wohnungsbau soll gestärkt werden.
Fazit: Das allgemeine Branchenumfeld am Immobilienmarkt ist von steigender Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum geprägt. Das Angebot kann mit der Nachfrage nicht mithalten, so dass entsprechende Steigerungen von Kauf- und Mietpreisen zu beobachten sind und voraussichtlich noch weiter anhalten werden.
Peer-Group Vergleich
Die TAG steht insbesondere bei der Akquisition von Immobilienportfolio in einem intensiven Wettbewerb mit anderen Immobiliengesellschaften, Immobilienfonds und institutionellen Anlegern, die teilweise über große finanzielle Ressourcen verfügen.
Die TAG fokussiert sich daher auf kleinere Immobilienportfolios in Deutschland, die für größere Investoren häufig noch uninteressant sind. Entscheidend ist auch, ob sich die Immobilien von den aktuellen Standorten der TAG Gruppe ohne wesentlichen zusätzlichen Kostenaufwand verwalten lassen.
Die folgenden börsennotierten Immobiliengesellschaften stellen nur einen kleinen Teil des Wettbewerbsumfeldes dar, sind jedoch für einen Peer-Group-Vergleich tauglich.
Die TAG Immobilien AG ist bezogen auf Marktkapitalisierung (MK) und Anzahl der Wohnungen die fünftgrößte, börsennotierte Immobiliengesellschaft in Deutschland. Klarer Marktführer bezogen auf Anzahl der Wohnungen und Marktkapitalisierung ist die Vonovia SE, die in einer ganz anderen Liga spielt wie die TAG.
Allein aufgrund der Größe der TAG kann vermutet werden, dass die Gesellschaft früher oder später das Ziel einer Übernahme sein könnte (mehr dazu siehe Aktionärsstruktur). Insbesondere der Marktführer Vonovia SE wächst sehr aggressiv durch Akquisitionen und versuchte in den Jahren 2015 und 2016 vergeblich, die Deutsche Wohnen SE zu übernehmen.
Im Peer-Group Vergleich erscheint die TAG Immobilien AG attraktiv bewertet und kann die derzeit höchste Dividendenrendite vorweisen.
Alle Unternehmen der Peer-Group zahlen eine Dividende. Die Qualität der Dividende unterscheidet sich jedoch deutlich. Nur beim Marktführer Vonovia SE ist die Dividende auch durch die für die Immobilienbranche wichtige Kennzahl AFFO (Adjusted Funds From Operations) gedeckt. Alle anderen Wettbewerber haben eine Ausschüttungsquote (Payout AFFO) von über 100%. Nach Aussagen der Investor Relations Abteilung der TAG sollte in absehbarer Zeit durch entsprechende Refinanzierungsmaßnahmen eine Deckung der Dividende durch die AFFO erreicht werden können. Der Trend geht seit dem Jahr 2015 auch in diese Richtung.
Im Peer-Group-Vergleich fällt auf, dass die TAG Immobilien AG auf der Finanzierungsseite vergleichsweise schlecht abschneidet. Die TAG hat das schlechteste Kreditrating vorzuweisen, liegt damit aber immer noch, wie alle anderen Wettbewerber auch, im Investment-Grade-Bereich. Besonders solide finanziert und damit diesbezüglich führend, ist die Deutsche Wohnen SE.
Die Eigenkapitalquote der TAG ist mit 35,1% vergleichsweise recht niedrig und lag in den Vorjahren sogar noch deutlich niedriger. Eine Eigenkapitalquote von 50% kann im Immobilienbereich als Richtwert angenommen werden. Eine niedrige Eigenkapitalquote ist in Zeiten günstiger Fremdkapitalzinsen und einer Nullzins-Politik der EZB jedoch nicht zwingend negativ zu sehen, da die Eigenkapitalkosten deutlich über den Fremdkapitalkosten liegen dürften.
Die in der Immobilienbranche oft genutzte Kennzahl LTV (Loan-to-Value) sagt aus, in welchem Verhältnis die Schulden zum Wert des Immobilienportfolios stehen. Je geringer dieser Wert desto besser. Werte über 50% gelten eher als negativ. Der LTV hat gewisse Ähnlichkeiten mit dem von deutschen Banken genutzten Beleihungswert. Der Beleihungswert wird jedoch von jeder Bank unterschiedlich berechnet.
Der LTV der TAG schneidet im Branchenvergleich vergleichsweise schlecht ab. Der LTV lag in den Vorjahren sogar noch höher, konnte aber in den letzten Jahren kontinuierlich gesenkt werden. Grund für die Senkung des LTV ist hauptsächlich ein gestiegener Wert des Immobilienportfolios im Rahmen der allgemeinen Miet- und Kaufpreissteigerungen bei Wohnimmobilien.
Fazit: Die TAG punktet im Branchenvergleich vor allem mit der höchsten Dividendenrendite. Die Finanzierungsseite ist tendenziell eher negativ zu bewerten, jedoch nicht wirklich besorgniserregend. So lang das allgemeine Marktumfeld für Immobilien, getragen durch niedrige Zinsen, günstig bleibt, sollte dies kein ernsthaftes Problem für die TAG Immobilien AG darstellen. Die hohe Dividendenrendite und das vergleichsweise niedrige Kurs/FFO-Verhältnis sind also auch ein Ausdruck der höheren Verschuldung im Vergleich zu den Wettbewerbern.
4. Management- und Shareholderanalyse: TAG Immobilien AG beständig geführt
Die TAG Immobilien AG ist eines der wenigen börsennotierten Unternehmen, das von einer Frau geführt wird. Claudia Hoyer, geboren 1972, ist noch bis Ende Juni 2022 als Vorstand der TAG mandatiert. Als COO (Chief Operating Officer) verantwortet sie seit Juli 2012 die wichtigen Unternehmensbereiche Property- und Asset-Management, An- und Verkauf, Zentraler, Change-Management, Business Apartments und Shared Service Center. Frau Hoyer ist seit Juli 2012 im Unternehmen, war zuvor über 10 Jahre in verschiedenen Funktionen im Bereich Immobilien bei der Deutschen Kreditbank AG und der DKB Immobilen AG tätig.
Es fällt auf, dass Frau Hoyer offiziell nicht die Funktion einer Vorstandsvorsitzenden (CEO) hat. Sie wird im Vorstand von ihren beiden männlichen Kollegen, Martin Thiel (CFO) und Dr. Vaagt (CLO), unterstützt. Martin Thiel ist nach einer Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater seit April 2014 Finanzvorstand der TAG. Dr. Vaagt ist seit April 2011 der Chief Legal Officer und schwerpunktmäßig für den Bereich „Recht“ zuständig.
Der Vorstand der TAG wurde bis Oktober 2014 von Rolf Elgeti im Vorsitz (CEO) geführt. Nach seinem Ausscheiden wurde kein expliziter Nachfolger benannt. Elgeti hat heute den Vorsitz im Aufsichtsrat der Gesellschaft. Rolf Elgeti war seit 2009 CEO und hat das Wachstum der TAG im Bereich Wohnimmobilien wesentlich vorangetrieben. Seit seinem Ausscheiden im Jahr 2014 wurden keine weiteren strukturellen Veränderungen der TAG in Form von großen, wachstumsorientierten Akquisitionen vorgenommen. Elgeti ist heute u.a. auch als CEO der Deutschen Konsum REIT-AG tätig.
Insofern verwaltet der aktuelle Vorstand seit 2014 den Immobilienbestand im Sinne der „Growing Cashflows“-Strategie „nur“ noch. Gleichzeitig konnte die langfristige Verschuldung jedoch abgebaut und die Dividende regelmäßig gesteigert werden.
Positiv ist die transparente Berichterstattung der TAG Immobilien AG hervorzuheben. Sowohl Geschäftsberichte, als auch Unternehmenspräsentationen sind klar und verständlich strukturiert.
Fazit: Eine klare Handschrift des Vorstands zeigt sich nur bedingt in der aktionärsfreundlichen „Growing Cashflows“-Strategie. Die vergleichsweise passive Strategie ist auch das Ergebnis eingeschränkter Akquisitionsmöglichkeiten aufgrund hoher Kaufpreise für Wohnimmobilien und der mangelnden finanziellen Ausstattung der Gesellschaft.
Aktionärsstruktur per 31.12.2017
Größter Aktionär der TAG Immobilien AG ist die deutsche Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder mit 13,8% der Anteile. Der Anteil der sonstigen Aktionäre liegt bei 41,5%. Die im Peer-Group- Vergleich geäußerte Vermutung, die TAG könnte das Ziel einer Übernahme werden, erscheint nun unwahrscheinlich, da weniger als 50% der Anteile der TAG bei sonstigen Anteilseignern liegen. Eine feindliche Übernahme wird dadurch erheblich erschwert, ist aber nicht unmöglich.
5. Umsatz- und Absatzanalyse der TAG Immobilien AG: Leichtes Umsatzwachstum durch Mietanhebungen
Die TAG erzielt als Immobilienunternehmen im Wesentlichen Umsätze in den drei folgenden Bereichen:
- Vermietung
- Verkauf von Immobilien
- Dienstleistungen
Neben diesen operativen Ertragsquellen stellt die Fair-Value-Bewertung des Immobilienbestandes eine wesentliche Ertragsquelle dar. Es handelt sich dabei um Buchgewinne oder -verluste aufgrund buchhalterischer Bewertungseffekte nach internationalen Bilanzierungsregeln, die durch die allgemeine Entwicklung am Wohnimmobilienmarkt und nicht von der TAG selbst beeinflusst werden. Letztlich sind nur die Umsätze aus Vermietung und Dienstleistungen nachhaltig und planbar. Die Umsätze aus dem Verkauf von Immobilien sind von Jahr zu Jahr unterschiedlich und nur schwer planbar.
Es wird deutlich, dass die Buchgewinne aus der Fair-Value-Bewertung des Immobilienbestandes eine wesentliche Ertragsquelle darstellen. Dies muss bei der Bewertung des Unternehmensgewinns berücksichtigt werden.
Zum 31. Dezember 2017 bewirtschaftete die TAG insgesamt 83.000 Wohnungen, die sich wie folgt auf die Regionen (% anteiliger IFRS-Buchwert des Immobilienvermögens) verteilen:
- Region Berlin (14%)
- Region Chemnitz (7%)
- Region Dresden (11%)
- Region Erfurt (12%)
- Region Gera (10%)
- Region Hamburg (11%)
- Region Leipzig (10%)
- Region Rhein-Ruhr (7%)
- Region Rostock (7%)
- Region Salzgitter (11%)
Kunden der TAG Immobilien sind ausschließlich Privatpersonen. Deren Fähigkeit zur Zahlung der Miete hängt im Wesentlichen von der Arbeitsmarktsituation und der Kaufkraft am jeweiligen Immobilienstandort ab. Aufgrund der Vielzahl der Wohnungen und Mietern spielen Mietausfälle (Forderungsausfälle) keine Rolle.
Die TAG Immobilien AG konnte die Miete auf Basis der bestehenden Fläche (like-for-like) im Jahr 2017 um 2,0% anheben. Inklusive des Abbaus des Leerstandes ergibt sich ein Mietwachstum von 3,1%. Die Verbraucherpreise kletterten im Jahr 2017 um 1,8%, die Nettokaltmieten im Schnitt um 1,7%, so dass die Mieterhöhung nur einen Inflationsausgleich darstellen kann.
Auch im Branchenvergleich sind diese Werte eher als schwach zu bezeichnen. Der Marktführer Vonovia SE konnte die Miete like-for-like um ganze 4,1% steigern und inklusive Leerstands-Abbau um 4,2%. Hier zeigt sich, dass die propagierte soziale Verantwortung der TAG nicht nur ein leeres Versprechen ist, sondern auch gelebt wird.
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6. Vermögens- und Finanzanalyse
Die Berechnung von Eigenkapitalrendite und Gesamtkapitalrendite auf Basis des Jahresüberschusses gestaltet sich bei Immobiliengesellschaften schwierig. Grund dafür ist der hohe Anteil an Buchgewinnen aus der Fair-Value-Bewertung des Immobilienvermögens, die im Jahresüberschuss enthalten sind. Bezogen auf das Konzernergebnis ergibt sich eine Eigenkapitalrendite von 19,1%. Rechnet man aber den Fair-Value-Effekt aus der Immobilienbewertung heraus, sind es nur 1,2%! Es empfiehlt sich daher auf Cashflow orientierte Kennzahlen zurückzugreifen.
Die TAG Immobilien AG konnte den operativen Cashflow im Jahr 2017 um EUR 22,4 Mio. auf EUR 124,7 Mio. steigern. Der Anstieg ist im Wesentlichen auf höhere Umsätze aus Vermietung und Dienstleistungen zurückzuführen.
Das Vermögen (Aktivseite der Bilanz) der TAG besteht nahezu ausschließlich aus Grundstücken und Gebäuden (Wohnimmobilien), die, wie erwähnt, mit dem aktuellen Marktwert (Fair-Value) bewertet werden.
Die Passivseite der Bilanz stellt die Finanzierung der Gesellschaft dar. Die TAG finanziert sich dabei zu 35,1% mit Eigenkapital (Eigenkapitalquote). Eine im Branchenvergleich sehr niedrige Quote (siehe Analyse Peer-Group).
Die übrige Finanzierung wird durch Fremdkapital in Form von Bankkrediten, Unternehmensanleihen und Wandelanleihen aufgebracht. Die Wandelanleihen wurden in der Vergangenheit regelmäßig ausgeübt, so dass Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt wurde. Dies hat zu einer massiven Erhöhung der Aktien im Umlauf und damit zu einer starken Verwässerung der Anteile der Altaktionäre geführt. Die regelmäßige Ausgabe neuer Aktien ist jedoch nicht ungewöhnlich bei Immobiliengesellschaften und eher die Regel als die Ausnahme. Wandelanleihen sind ein eleganter Weg, um auf unpopuläre und vergleichsweise komplizierte Kapitalerhöhungen verzichten zu können und trotzdem das Eigenkapital zu erhöhen.
Bis zum Jahr 2014 haben sich die langfristigen Verbindlichkeiten infolge der Wachstumsstrategie und der damit verbundenen Akquisition von Wohnimmobilienportfolios immer weiter erhöht. Mit Ausscheiden des ehemaligen CEO Rolf Elgeti erfolgte ein Strategieschwenk. Seitdem steht nicht mehr das absolute Wachstum im Vordergrund. Die langfristige Verschuldung konnte so kontinuierlich reduziert werden. Die in der Immobilienwirtschaft wichtige Kennzahl Loan-to-Value (LTV) sank von 65,3% im Jahr 2014 auf 52,3% im Jahr 2017. Das TAG-Management hat sich hier einen Zielwert von 50% gesetzt.
Nicht nur die absolute Höhe der Schulden konnte seit dem Jahr 2014 reduziert werden, auch die durchschnittlichen Fremdkapitalkosten sind von 3,74% im Jahr 2014, auf 2,34% im Jahr 2017 gesunken. Dies ist im Wesentlichen dem allgemeinen Niedrigzinsumfeld in der Euro-Zone geschuldet. Eine Erhöhung der Leitzinsen durch die EZB würde die TAG Immobilien AG im Bereich der Finanzierung nicht unmittelbar treffen, da 99% der Fremdkapitalzinsen auf einen fixen Zinssatz basieren und die durchschnittliche Restlaufzeit der Finanzschulden bei 8,6 Jahren (Vorjahr: 8,3 Jahren) liegt.
7. Dividendenanalyse der TAG Immobilien AG
Die TAG verfolgt eine sehr transparente und planbare Dividendenpolitik. Die Höhe der Dividende orientiert sich dabei im Wesentlichen am operativen Vermietungsergebnis, den Funds From Operations (FFO). Die Gesellschaft strebt eine Ausschüttungsquote von 75% der FFO in Form von Dividendenzahlungen an.
Bereits gegen Ende des Jahres 2017 wurde eine geplante Dividende von EUR 0,62 je Aktie für das Jahr 2017 in Aussicht gestellt und für das Jahr 2018 eine Dividende von EUR 0,70. Aufgrund des guten Geschäftsabschlusses 2017 konnte die für das Jahr 2017 zu zahlende Dividende Ende Februar 2018 sogar auf EUR 0,65 angehoben werden.
Die Bemessung der Dividende an den FFO ist kritisch zu sehen. Die Kennzahl FFO beinhaltet nicht die langfristigen Instandhaltungsaufwendungen („CAPEX“) für den Immobilienbestand der TAG. Im Jahr 2017 sind hier Aufwendungen in Höhe von EUR 30,8 Mio. angefallen, die in der Bilanz aktiviert wurden und daher nicht im Nettogewinn enthalten sind. Im Jahr 2016 waren es EUR 37,3 Mio. Gemessen an den Mieteinnahmen fließen regelmäßig über 10% in die langfristige Instandhaltung. Die CAPEX stehen regelmäßig nicht als Barmittelüberschuss für Dividendenausschüttungen zur Verfügung. Die Kennzahl „Adjusted Funds From Operations“, kurz AFFO, ermittelt sich aus der Kennzahl FFO, abzüglich der CAPEX und ist für Zwecke der Bestimmung der Ausschüttungsquote geeignet.
Es zeigt sich, dass die TAG regelmäßig über 100% des nachhaltig erzielbaren operativen Vermietungsergebnisses als Dividende an die Aktionäre ausschüttet. Nach Aussagen der Investor Relations Abteilung der TAG bemüht sich die Gesellschaft aber, durch weitere Refinanzierungsmaßnahmen eine vollständige Deckung der Dividende durch die AFFO zu erreichen.
Die TAG zahlt erst seit dem Jahr 2012 (für das Geschäftsjahr 2011) regelmäßig eine Dividende, die seitdem aber jedes Jahr angehoben wurde. In den letzten 3 Jahren konnte die Dividende im Schnitt um mehr als 9% gesteigert werden.
8. Prognose und Ausblick: TAG Immobilien AG dürfte weiter wachsen
Die TAG Immobilien AG erwartet für das Jahr 2018 ein operatives Vermietungsergebnis (FFO) in Höhe von EUR 135-137 Mio. Das entspricht einer Steigerung von 7% im Vergleich zum Jahr 2017. Die FFO pro Aktie werden bei EUR 0,93 erwartet (+7%). Die Dividende soll um 8% auf EUR 0,70 angehoben werden.
Sofern die TAG weiter die Strategie der „Growing-Cashflows“ verfolgt, sollten sich das Bilanzbild und die Verschuldung der Gesellschaft weiter stetig verbessern. Mittelfristig dürfte auch die Dividende durch die Adjusted Funds From Operations (AFFO) gedeckt sein.
9. Chancen und Risiken der TAG Immobilien AG
Die TAG Immobilen AG hat es in den letzten Jahren geschafft, den Wohnungsleerstand konsequent zu senken. So standen im Dezember 2015 noch 7,5% der Wohnungen leer, im Dezember 2017 waren es nur noch 4,8%. Die standardisierte Leerstandsquote (EPRA) betrug 5,7%. Zum Vergleich: Die Leerstandsquote (EPRA) der Vonovia SE betrug Ende Dezember 2017 nur 2,3%. Ein weiterer Abbau der Leerstandsquote bietet somit weiteres Potential für eine Steigerung der Vermietungsumsätze.
Die von der TAG Immobilien AG angebotenen Wohnungen weisen im Branchenvergleich günstige Mietpreise auf. Bezahlbare Wohnungen sind in Deutschland knapp geworden. Die Nachfrage nach TAG-Wohnungen sollte daher weiter intakt bleiben.
Das Geschäftsmodell ist grundsätzlich sehr krisenfest. Es ergeben sich aus meiner Sicht daher keine wesentlichen Risiken, die das Geschäftsmodell kurz- oder mittelfristig beschädigen könnten.
Der Marktwert (Fair Value) des Immobilienportfolios basiert auf Wertgutachten. Veränderungen von Wertparametern, wie z.B. steigende Zinsen, können zu bilanziellen Wertberichtigungen führen und für eine hohe Volatilität des Konzernergebnisses sorgen, ohne allerdings die Liquidität der Gesellschaft zu beeinflussen.
10. Fairer Wert der Aktie
Die Bestimmung des fairen Wertes der TAG-Aktie ist vergleichsweise schwierig, da die Vermietung und Bewirtschaftung von Wohnimmobilien erst seit dem Jahr 2014 ausschließlicher Gegenstand der Unternehmenstätigkeit sind. Auf Basis des Jahresabschluss 2017 liegt damit keine sinnvolle 10-Jahres-Datenbasis vor.
Fairer Wert auf Basis der historischen Dividendenrendite
Die durchschnittliche Dividendenrendite der letzten 3 Jahre (2015-2017) lag bei 4,81%, ohne größere Abweichungen in den einzelnen Jahren. Es ergibt sich somit ein fairer Wert von EUR 14,55 auf Basis der für das Jahr 2018 erwarteten Dividende von EUR 0,70 je Aktie.
Fairer Wert auf Basis des historischen operativen Cashflows
Auf Basis des operativen Cashflows der letzten 3 Jahre kann ein fairer Wert von EUR 14,03 ermittelt werden.
Fairer Wert auf Basis des EPRA NNNAV
Der europäische Verband der börsennotierten Immobiliengesellschafen EPRA (European Public Real Estate Association) hat die Kennzahl NNNAV (Triple Net Asset Value) definiert, die den Netto-Inventarwert des Unternehmens nach Ansatz aller Immobilien mit dem beizulegenden Zeitwert, abzüglich der Finanzverbindlichkeiten, darstellt. Kurz: Der Wert der Immobilien abzüglich der Finanzschulden. Die Kennzahl NNNAV gibt den Substanzwert wieder und beträgt zum 31.12.2017 EUR 11,02. Den NNNAV verstehe ich als Wertuntergrenze (ohne Sicherheitsmarge) für die Bestimmung des fairen Wertes.
Fazit: Die TAG Immobilien AG ist im Branchenvergleich höher verschuldet als die Peer-Group und hat auch das schlechteste Kredit-Rating. Das Management kann als durchschnittlich bezeichnet werden, verfolgt aber eine aktionärsfreundliche Dividendenpolitik. Als risikoaverser Privatanleger sehe ich daher den fairen Wert der TAG-Aktie in der Nähe des Nettoinventarwertes des Immobilienbestandes und würde den fairen Wert bei ca. EUR 14,00 je Aktie festlegen (auf Basis der zum 31.12.2017 im Umlauf befindlichen Aktien).
Bei einem aktuellen Kurs von ca. EUR 17,31 (12.04.2018) je Aktie ist die Aktie daher aktuell fundamental leicht überbewertet.
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11. Fazit
- Die TAG Immobilien AG ist ein solides Unternehmen mit der im Peer-Group-Vergleich höchsten Dividendenrendite. Die Gesellschaft verfolgt mit der „Growing Cashflows“-Strategie eine aktionärsfreundliche Unternehmenspolitik. Die TAG ist ein nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen mit hoher sozialer Verantwortung.
- Der Wachstumskurs nach der Finanzkrise 2007/2008 belastet die Finanzlage mit abnehmender Tendenz. Das Kreditrating ist im Branchenvergleich das Schlechteste der fünf führenden deutschen börsennotierten Immobiliengesellschaften. Die im Peer-Group-Vergleich günstige Bewertung der TAG Immobilen AG ist daher nicht umsonst zu haben und geht einher mit einem leicht erhöhten Risiko.
- Das zugrunde liegende Geschäftsmodell ist grundsolide und krisenfest.
- Der langfristig orientierte Privatanleger, bei dem Aspekte wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung im Vordergrund stehen, sollte die TAG Immobilien AG auf seine Watchlist nehmen, wenn er sein Portfolio um ein Immobilienunternehmen erweitern möchte.
- Er sollte auf einen Kursrücksetzer warten und die Entwicklung des Verhältnisses Dividende/ AFFO im Auge behalten, da die TAG aktuell leicht überwertet und das angepasste operative Vermietungsergebnis (AFFO) aktuell noch nicht ausreicht, um die Dividende zu decken.
Kapitalistische Grüße,
Thomas Senf aka Finanzsenf
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Quellen & Links
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Geschäftsbericht 2017 der TAG Immobilien AG | zum Geschäftsbericht |
Firmenpräsentation der TAG Immobilien AG (März 2018) | zur Präsentation |
Website der TAG Immobilien AG | zur Website |
Geschäftsbericht 2017 der Vonovia SE | zum Geschäftsbericht |
Geschäftsbericht 2017 der Deutsche Wohnen SE | zum Geschäftsbericht |
Geschäftsbericht 2017 der LEG Immobilien AG | zum Geschäftsbericht |
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