Der Immobilienmarkt ist ein enorm großer Wirtschaftszweig. Grundsätzlich kann man Immobilien in Wohn- und Gewerbeimmobilien unterteilen.
Der Wohnimmobilienmarkt ist so groß, dass er in den meisten Ländern 25% des privaten Konsums ausmacht. Da Wohnraum ein absolutes Grundbedürfnis ist, fließen die Mieteinnahmen in diesem Markt besonders stabil und planbar.
Als Privatanleger kann man in Aktiengesellschaften investieren, die hunderttausende Wohnimmobilien in ihrem Bestand halten. Diese sorgen für einen planbaren Cashflow, der über die Ausschüttung von Dividenden an die Aktionäre weitergegeben wird. Auf AlleAktien haben wir bereits deutsche und US-amerikanische Wohnimmobilien-Unternehmen untersucht:
Der Markt für Gewerbeimmobilien ist ebenfalls riesig. Hierzu zählen alle Immobilien, die gewerblich genutzt werden. Typischerweise werden im gewerblichen Markt sehr langfristige Mietverträge geschlossen: 5, 10 oder gar 15 Jahre sind keine Seltenheit. Beide Parteien binden sich eng aneinander. Das große Problem für viele Mieter im gewerblichen Bereich: Ihr Bedarf variiert laufend.
Also schaltet sich WeWork dazwischen und geht die langfristige Mietbeziehung ein. Vermietet die großen Flächen dann einzeln weiter - ohne langfristig laufenden Vertrag. Hieraus ergibt sich ein großes Risiko:
Was macht WeWork, wenn die Mieter der bereitgestellten Flächen ausziehen und keine neuen Mieter mehr gefunden werden können? In diesem Fall muss WeWork die Miete an den eigentlichen Immobilienbesitzer weiterhin entrichten. Diesen Fixkosten stehen nun aber keine oder nicht mehr ausreichende Mieteinnahmen gegenüber.
Ich persönlich bin daher sehr gespannt, wie sich die Unternehmenskennzahlen in der nächsten Wirtschaftskrise entwickeln werden. Wie zyklisch und krisenanfällig die Branche tatsächlich ist, kann heute nicht seriös gesagt werden. Dafür ist die Idee zu jung - während der Finanzkrise 2008/2009 gab es dieses Geschäftsmodell noch gar nicht. Eine gewisse Konjunkturabhängigkeit halte ich aber für sehr wahrscheinlich...
Ein hart umkämpfter Markt - mit fragwürdigem Burggraben
Innerhalb des Coworking-Marktes ist WeWork der klare Marktführer. Das liegt v.a. an einem Umstand: Der enorm guten Finanzierung des Unternehmens. Investoren haben bereits mehr als 12 Mrd. USD in WeWork investiert - und dem Unternehmen so ein raketenartiges Wachstum ermöglicht.
Doch das explosionsartige Wachstum hat auch seine Schattenseite: Das Geld ist bereits größtenteils verbrannt - nur noch etwas mehr als zwei Mrd. Dollar Cash sind übrig. Und da der Cash-Burn bei 4-5 Mrd. USD pro Jahr liegt, ist der nun angestrebte Börsengang für das Unternehmen sehr wichtig. Darüber wird sich WeWork wieder reichlich mit Cash eindecken - um dieses im Anschluss wieder zu verbrennen.
Die Tatsache, dass es reihenweise Wettbewerber wie Regus, GreenDesk, Impact Hub, ServCorp oder Knotel gibt, macht eines deutlich: Über einen wirklichen Burggraben verfügt WeWork nicht. Prinzipiell kann jeder Büroräume anmieten und diese in kleinen Teilen weitervermieten. Neben den großen Wettbewerbern gibt es daher hunderte, wenn nicht gar tausende, lokale Wettbewerber. Alleine in Zürich, einer Stadt mit nur 400.000 Einwohnern, gibt es schon über 20 Anbieter, die alle um die gleichen Kunden buhlen. Dieser hohe Wettbewerbsdruck sorgt dafür, dass Preiserhöhungen bei den Kunden kaum möglich sind. Diese weichen dann im Zweifel einfach auf den nächstbesten Wettbewerber aus.
Das Wachstumspotential: Kann sich der Umsatz wirklich um das 500-fache erhöhen?
Bleibt noch eine Frage offen: Wie viel Wachstumspotential besteht im Markt für CoWorking-Flächen? WeWork selbst spricht davon, erst 0,2% der Büroflächen in den Top 300-Städten abzudecken. Insofern besteht grundsätzlich ein Marktpotential von 1.500 Mrd. USD/Jahr. Ein gewaltiger Markt.
Aber: Ich glaube nicht, dass in 10-20 Jahren der Großteil der Mitarbeiter in flexiblen Räumen arbeiten wird. Viele Unternehmen entscheiden sich bewusst dafür, in eigene Räumlichkeiten zu ziehen. Das bringt viele Vorteile mit sich:
- Alle Mitarbeiter an einem Ort
- Atmosphäre der Vertraulichkeit (keine offenen Schreibtische, auf denen geheime Geschäftsdokumente rumliegen können)
- Kollegen lernen sich besser kennen
- Planbare Kosten
- Einrichtung nach eigenem und individuellem Bedarf
Aus heutiger Sicht ist es sehr schwierig, den tatsächlichen langfristigen Bedarf korrekt zu ermitteln. Als Daumenpeilung gehe ich mal davon aus, dass einer von fünf bis einer von zehn Arbeitsplätzen grundsätzlich für ein solches Konzept infrage kommt. Das würde den erreichbaren Markt auf 150-300 Mrd. USD Jahresumsatz eingrenzen.
WeWork möchte in diesem Markt so viele Marktanteile wie möglich erreichen. 10% bis 20% halte ich langfristig schon für möglich. Daraus ergibt sich dann ein Umsatzpotential von 15-60 Mrd. USD pro Jahr. WeWork hat also noch viel Wachstumspotential...