Zweiter Nachkaufalarm: Continental AG (WKN 543900)
Was ist passiert?
Darum ist der Kurs gefallen
Continental ist einer der größten und erfolgreichsten Automobilzulieferer der Welt. Die Automobilbranche steht vor dem größten Wandel, den es je gegeben hat.
- In wenigen Jahren werden Elektroautos den großen Durchbruch erleben. Alle großen Hersteller arbeiten bereits an vollelektrischen Volumenmodellen. Das bedeutet auch: Die von Continental hergestellten Teile für Verbrennungsmotoren werden schon bald nicht mehr so stark nachgefragt werden wie noch heute.
- Die Automobilhersteller wird es deutlich stärker treffen. Continental ist ein breit diversifizierter Zulieferer. Rund die Hälfte des Gewinnes entspringt dem Reifengeschäft. Auch E-Autos benötigen Reifen. Tesla ist ein großer Kunde. Reifen, aber auch Teile des Fahrwerks stammen von Continental. Trotzdem wird Continental von der Umstellung erwischt werden. Die großen deutschen Hersteller versuchen mit aller Gewalt, die Kosten für die Zulieferer nach unten zu drücken, um so die teuren Neuentwicklungen im elektrischen Bereich finanzieren zu können. Das belastet die Gewinnmarge von Continental.
- Neben der nach wie vor anhaltenden Dieselkrise bei Daimler und VW bereiten möglicherweise aufkommende Zölle große Sorgen. Nahezu alle Autohersteller produzieren ihre jeweiligen Modelle an wenigen Standorten und exportieren sie von dort aus in die weite Welt. Sollte es tatsächlich zu einer Reihe von dauerhaften und hohen Zöllen für exportierte Autos kommen, so wird das die Preise von Neufahrzeugen in vielen Ländern deutlich in die Höhe treiben. Die Autohersteller würden wohl einmal mehr versuchen, den aufkommenden Preisdruck an die Zulieferer wie Continental weiterzugeben.
- In den nächsten Jahren steht die Einführung des autonomen Autos an. Das autonome Auto wird die Automobilbranche radikal verändern. Sobald Autos fahrerlos fahren können, können sie viel besser geteilt werden. Jeder Autobesitzer eines solchen Autos könnte sein Auto für sich arbeiten lassen, wenn man es selbst gerade nicht braucht. Dann würde das Auto als Robotertaxi Geld für den Besitzer einspielen. Viel weniger Menschen müssten sich ein eigenes Auto anschaffen. Die Nachfrage nach konventionellen Autos könnte dauerhaft deutlich nachlassen. Große Gewinner wären hingegen die Hersteller und Zulieferer der autonomen Autos.
In den letzten Wochen ist der Aktienkurs von Continental zusammen mit den großen Herstellern Daimler, BMW und VW zurückgegangen. Auch andere Zulieferer wie Schäffler oder ElringKlinger haben mit dem Margendruck zu kämpfen. Der ganze Sektor mitsamt Zulieferern steht also unterm einem enormen Druck.
Am 22. August 2018 hat Continental per Ad-Hoc-Mitteilung bekanntgegeben, dass die für 2018 aufgestellte Umsatz- und Gewinnprognose nicht mehr erreicht werden kann. Der Umsatz in 2018 soll nun nur noch 45 statt 46 Mrd. EUR erreichen. Die Gewinnmarge soll bei über 9% statt über 10% liegen. Das Unternehmen veröffentlichte folgende Meldung:
"Grund (für die geringere Gewinnmarge) sind reduzierte Umsatzerwartungen, Kostensteigerungen sowie Gewährleistungsfälle. Trotz dieser Effekte rechnet das Technologieunternehmen weiter damit, schneller zu wachsen als seine relevanten Märkte. (...) In Folge des hohen Auftragseingangs, der zum Halbjahr das Rekordniveau von mehr als 20 Milliarden Euro erreicht hat, erhöhen sich die Entwicklungskosten in der Automotive Group. Zusätzliche Belastungen resultieren zum einen aus Anlaufkosten in der Division ContiTech, zum anderen aus erhöhten Kosten im Antriebsbereich aufgrund der Umstellung auf Produkte und Systeme für Hybrid- und Elektrofahrzeuge."
Die Umstellung auf hybride und elektrische Antriebe sorgt für Kostensteigerungen. Dieser Trend dürfte anhalten.
So schätzen wir die Situation ein
In den letzten Jahren hat Continental alles richtig gemacht. Es gibt kein Haar in der Suppe zu finden.
Doch die Herausforderungen, die auf die Automobilbranche zukommen, haben es in sich. Continental ist gut darauf vorbereitet. Das Unternehmen ist groß genug, um sich nicht von den Automobilherstellern auspressen zu lassen. Die Kundenbasis ist gut diversifiziert. Sogar Tesla ist ein bedeutender Kunde. Continental hängt also nicht von der Entwicklung einzelner Automarken ab. Ein klarer Pluspunkt.
Wir von AlleAktien erwarten aber einen schnellen Anstieg des Marktanteils von E-Autos, weil die Produktionskosten von E-Autos rapide sinken. Gleichzeitig steigen die Reichweiten immer weiter an. Tesla hat über eine halbe Million Vorbestellungen auf sein Model 3 erhalten. Das zeigt klar auf, dass die Kunden für den Umstieg auf E-Autos bereit sind.
Aufgrund der Unsicherheit, die sich aus einem schnell wandelnden Markt ergibt, beobachten wir von AlleAktien trotz der klar für die Continental AG sprechenden Qualitätsfaktoren die Aktie weiterhin von der Seitenlinie.
Die Bewertung hat sich durch den weiteren Kursrückgang mittlerweile deutlich reduziert. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt nun unter 10 und damit weit unter dem Durchschnitt der letzten Jahre. Durch den rapide sinkenden Aktienkurs ist bereits eine Menge Unsicherheit im Aktienkurs eingepreist.
Aufgrund der günstigen Bewertung sollten wir die Aktie nun eigentlich als kaufenswert einstufen. Da wir aber weiterhin mit schlechten Nachrichten aus der deutschen Automobilindustrie rechnen, ist es gut möglich, dass der Aktienkurs nochmals deutlich nachgibt. Zuletzt wurde bspw. der Audi-Chef Rupert Stadler verhaftet. Viele Neuwagen dürfen derzeit wegen fehlender Zulassungen nicht verkauft werden. Fahrverbote für Dieselautos stehen in vielen deutschen Städten kurz bevor. Es könnte schnell zu einem Handelskrieg kommen. Die Automobilindustrie und auch die Zulieferer wären heftig betroffen.
Daher stufen wir die Aktie weiterhin als haltenswert ein. Der massive Kursrückgang und die weiterhin guten Daten des Unternehmens sowie die daraus resultierende günstige Bewertung sprechen klar für einen Einstieg in die Aktie. Wenn schon Automobilbranche, dann Continental. Gleichzeitig sehen wir auch auf diesem niedrigen Kursniveau immer noch zahlreiche Risiken, weshalb wir die Aktie noch immer nicht für klar kaufenswert halten.