GE Aktie kaufen? Berechnung des fairen Wertes
Zusammenfassung GE Aktie kaufen?
Aktienanalyse GE | |
WKN | 851144 |
Preis | 13 USD |
Ausstehende Aktien | 8.700 Mio. |
Marktkapitalisierung | 111.800 Mio. USD |
Nettoverschuldung | 50.000 Mio. USD* |
Enterprise Value | 168.800 Mio. USD |
Datum | 28.08.2018 |
*Die Nettoverschuldung von 50.000 Mio. USD ist in dieser Analyse wie folgt definiert: Zinstragende Verbindlichkeiten + Pensionslücke - 75% der gehaltenen Cash-Position des Unternehmens.
Überblick zur GE Aktienanalyse
- GE ist ein großer Mischkonzern, der auf Thomas Edison, einen der größten Erfinder dieser Erde, zurückgeht. Thomas Edison erfand 1879 unter anderem die Glühbirne. Im Jahr 1890 gründete Edison die "Edison General Electric Company", um seine verschiedenen Unternehmungen unter einem Dach zu vereinen.
- In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich GE prächtig und galt als eines der innovativsten Unternehmen der Welt.
- Von 1993 bis 2005 war GE mit kleineren Unterbrechungen gar das wertvollste Unternehmen der Welt.
- Aufgrund zahlreicher Managementfehler hat GE die Finanzkrise 2008/2009 nur dank der Hilfe von Warren Buffett überlebt. GE baute in den Jahren vor der Finanzkrise ein gigantisches Portfolio an spekulativen Finanzwerten auf. GE verkam gewissermaßen zu einer Zockerbude. Zudem wurde das Unternehmen mit wenig Eigenkapital und viel Fremdkapital finanziert. Das Fremdkapital wurde nur kurzfristig von den Märkten geliehen, um Zinskosten zu sparen. Da die Finanzmärkte aufgrund der Finanzkrise 2008 plötzlich ausgetrocknet waren, GE aber auf eine Anschlussfinanzierung der fällig gewordenen Verbindlichkeiten angewiesen war, stand GE vor der Pleite. Buffett stellte GE rund drei Mrd. USD zur Verfügung und rettete so zehntausende Jobs.
- Als das Vertrauen in die Finanzmärkte wiederhergestellt war, konnte GE seine Geschäfte fortführen. Der Aktienkurs erholte sich von seinem tiefen Fall in 2008/2009. 2016 schloss GE mit einem operativen Gewinn von 17,5 Mrd. USD ab. Die Finanzsparte wurde als Lehre aus der Finanzkrise verkleinert. Sämtliche Erlöse wurden in massive Aktienrückkäufe gesteckt. Alleine in 2016 wurden 22 Mrd. USD in den Rückkauf eigener Aktien investiert.
- 2017 war ein absolutes Horrorjahr für GE. Der Aktienkurs rauschte von 31 USD auf 18 USD ab. Doch damit nicht genug: In 2018 setzte sich der Abwärtstrend des Aktienkurses ungebremst fort. Im August 2018 steht die GE-Aktie nur noch bei einem Kurs von 13 USD und damit knapp 60% unter dem Schlusskurs von 2016. Im Gegensatz zu 2009 läuft die Wirtschaft aktuell aber hervorragend. Wie kann es sein, dass in diesen Zeiten 162 Mrd. (!) USD an Börsenwert verloren gegangen sind? Ist GE nun eine klar unterbewertete Aktie mit hoher Renditeerwartung oder handelt es sich um eine Value-Falle?
- In dieser Aktienanalyse beschäftigen wir uns mit dem Unternehmen GE, den Zukunftsaussichten und der Berechnung des fairen Wertes der GE-Aktie.
Diese Analyse ist in 4 Teile strukturiert:
- 10 interessante Fragen zur GE-Aktie
- Ermittlung des fairen Aktienwertes
- Risiken einer Investition in GE
- Fazit: GE Aktien kaufen?
1. 10 interessante Fragen zur GE-Aktie
1.1 Womit verdient GE sein Geld?
GE ist ein Industriekonglomerat. Das Unternehmen ist in vielen verschiedenen Geschäftsbereichen tätig.
Die wichtigsten Geschäftsbereiche für GE sind:
- Das Geschäft mit der Luftfahrtindustrie, v.a. dem Bau und der Wartung von Flugzeugtriebwerken
- Das Energiegeschäft, v.a. dem Bau und der Wartung von (Gas-)Kraftwerken
- Das Geschäft mit der Herstellung und Wartung von medizintechnischen Produkten (Healthcare)
Früher waren derartige Konglomerate sehr beliebt. Den Aktionären wurde erzählt, dass es innerhalb des Unternehmens so zu einem Diversifikationseffekt kommen würde. In Folge dessen würde das Risiko der Aktie sinken und demzufolge der Aktienwert ansteigen. Oftmals haben Industriekonglomerate, wie GE oder auch Siemens, ihre breite Geschäftstätigkeit auch mit Einspareffekten begründet.
In den letzten Jahren und Jahrzehnten wurden nahezu alle Konglomerate aufgrund schlechter Performance wieder aufgelöst. Ein prominentes Beispiel war die "Welt-AG" von Daimler. Nachdem die Übernahme von Chrysler kläglich gescheitert ist, konzentriert sich Daimler heute wieder auf das Kerngeschäft mit den Marken Mercedes-Benz und Smart. Die noch verbliebene LKW-Sparte wird Daimler in den nächsten Monaten abspalten.
Tatsächlich bringen Konglomerate keine Vorteile, sondern ausschließlich Nachteile mit sich:
- Das Top-Management des Konglomerates kann keine rationalen Entscheidungen treffen, weil es unmöglich ist, sich in allen Märkten und Geschäftsbereichen gut auszukennen.
- Die einzelnen Geschäftsbereiche müssen sich jede Investition über einer gewissen Grenze in der Zentrale genehmigen lassen. Dabei geht viel Zeit verloren. Oftmals sind die Ressourcen zu knapp, bzw. werden nicht rational auf die einzelnen Geschäftsbereiche verteilt.
- Das Konglomerat wird unglaublich bürokratisch. Fokussierte Wettbewerber können schneller Entscheidungen treffen und so davoneilen.
- Investoren können privat, z.B. durch den Kauf von ETFs, oder verschiedener Aktien in einem Depot, diversifizieren. Dafür ist kein Konglomerat vonnöten.
- Synergien bzw. Kosteneinsparungen können nur in miteinander verwandten Geschäftsbereichen gehoben werden. GE ist aber in unterschiedlichsten Bereichen aktiv. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es große Vorteile mit sich bringt, wenn zu ein und demselben Unternehmen ein Medizintechnikunternehmen, ein Ölförderer und ein Hersteller von Flugzeugtriebwerken gehören, wie es bei GE der Fall ist. Viel mehr halten sich die Geschäftsbereiche im bürokratischen Korsett eines Konglomerats gegenseitig auf.
GE ist also eines der letzten verbliebenen Konglomerate. Doch auch das wird sich bald ändern. Die folgende Grafik zeigt auf, in welchen Geschäftsbereichen GE derzeit Umsätze erzielt.
1.2 Warum steckt GE in einer tiefen Umstrukturierung und schloss 2017 mit einem Milliardenverlust ab?
Zuerst einmal sei gesagt: Bei GE läuft nicht alles schlecht. Das Unternehmen ist nach wie vor eines der angesehensten und innovativsten der Welt. GE ist in zahlreichen Geschäftsbereichen aktiv, die über beste langfristige Zukunftsaussichten (Luftfahrtindustrie, Medizintechnik...) verfügen.
2017 hatte das Unternehmen schlichtweg "Pech". Viele einmalige negative Effekte kamen in einem Jahr zusammen. Die Theorie, dass große Konglomerate stetigere Erträge (aufgrund der innerhalb des Unternehmens erfolgenden Diversifikation) erwirtschaften, hat sich, zumindest im Falle von GE, als falsch herausgestellt. Werfen wir nun einen Blick auf die Entwicklungen in den einzelnen Sparten:
Umsatzmäßig hat sich bei GE in 2017 nicht viel verändert. Klar, 1% Umsatzrückgang sind nicht gerade schön anzusehen, aber auf der anderen Seite in einem einzelnen Jahr auch kein Beinbruch. Zumal die Umsätze seit 2013 schön gesteigert werden konnten. Die Gründe für die aktuelle Krise sind eine Mischung aus verschiedenen Faktoren:
- In einer der wichtigsten Sparten, der Energiesparte des Unternehmens, halbierte sich der operative Gewinn in einem Jahr. Weltweit ging die Nachfrage nach neuen Gaskraftwerken rapide zurück.
- Im Öl- und Gasgeschäft bekam GE die Spätfolgen des bis Mitte 2017 eher niedrigen Ölpreises zu spüren. GE beliefert die Öl- und Gasindustrie mit Equipment und Anlagen, um Öl und Gas zu fördern und zu verarbeiten. In Zeiten eines niedrigen Ölpreises werden kaum neue Quellen erschlossen und es wird nicht investiert. Ab Mitte 2017 hat sich der Ölpreis aber deutlich erholt, sodass der Auftragseingang dieses Segmentes in 2017 bereits um 57% anzog.
- Die Ertragsperlen Aviation und Healthcare liefen hingegen besser als je zuvor.
- Insgesamt ist aufgrund dieser Entwicklungen der operative Gewinn im Industriegeschäft um rund 17% auf 14,7 Mrd. USD zurückgegangen.
- In der Finanzsparte wurde alleine 2017 ein Verlust von 6,2 Mrd. USD verbucht, weil GE in früheren Zeiten Versicherungen angeboten hat, deren Auszahlungen in der Zukunft viel höher sein werden, als damals kalkuliert. Das Neugeschäft mit Versicherungen hat GE bereits vor vielen Jahren eingestellt. Zu der Zeit, als die Versicherungen angeboten worden sind, haben die Versicherungsnehmer Versicherungsprämien eingezahlt. Diese werden seitdem von GE angelegt, um damit die Leistungen an die Versicherungsnehmer zu einem späteren Zeitpunkt zu begleichen. Die Höhe der Rückstellungen hatte 2017 nicht mehr den aktuell zu erwartenden Auszahlungen entsprochen, sodass GE gezwungen war, einen Verlust von 6,2 Mrd. USD zu verbuchen. Dieser Verlust ist ein voraussichtlich einmaliger Verlust. Weiterhin ist es notwendig, die Rückstellungen für diese Verträge über die nächsten 5 Jahre um rund 15 Mrd. USD zu erhöhen. GE Capital, die Finanzsparte des Unternehmens, hat in den vergangenen Jahren immer wieder Milliarden an Zinseinnahmen an GE überwiesen. Die nächsten Jahre wird GE Capital alle Erträge benötigen, um diese Rückstellungen zu erhöhen.
- Die US-Steuerreform hat für eine einmalige Sonderbelastung von 3,3 Mrd. USD gesorgt. Es wurde Goodwill in Höhe von 1,8 Mrd. USD abgeschrieben. Aufgrund der schwachen Ertragslage im Power-Geschäft fallen große Restrukturierungskosten an, um die Kostenbasis dauerhaft abzusenken.
Fazit: Obwohl im industriellen Geschäft in 2017 noch immer ein operativer Gewinn von 15 Mrd. USD erwirtschaftet wurde, schloss GE 2017 mit einem Verlust von 6 Mrd. USD ab. Dies lag sicherlich auch daran, dass der neue CEO alle Risiken aus der Bilanz nehmen wollte, um nun von dieser "tiefen Basis" aus neu durchstarten zu können. Einzelne Effekte, wie die Steuerbelastung aufgrund der US-Steuerreform, konnte GE aber gar nicht beeinflussen.
1.3 Ist der GE CEO John Flannery der richtige Mann für den Turnaround?
Bei GE gibt es angesichts des enttäuschenden Aktienkursverlaufs viel zu tun. Viele Privatanleger fragen sich, ob der CEO John Flannery dafür der richtige Mann ist.
Von 2001 bis August 2017 wurde GE von Jeffrey Immelt geführt. Aufgrund der sehr schlechten Entwicklung des Aktienkurses, trotz hervorragender wirtschaftlicher Lage, wurde Immelt im August 2017 gefeuert. In den gesamten 16 Jahren unter der Führung von Immelt gab der Aktienkurs um rund 50% nach. Immelt war es somit nicht gelungen, die Erfolgsserie seines äußerst erfolgreichen Vorgängers, Jack Welch, fortzusetzen. Allerdings muss man Immelt zugute halten, dass er GE zu einer damals äußerst hohen Bewertung übernommen hat und in seiner Zeit mit der schwersten Wirtschaftskrise der vergangenen Jahrzehnte zu kämpfen hatte.
Seit August 2017 wird GE vom 56-jährigen John Flannery geführt. John Flannery arbeitet bereits seit 1987 ununterbrochen für GE und kennt sich daher bestens mit dem Unternehmen aus. Ab 2009 leitete er die Geschäfte von GE in Indien. Ab 2013 war er für die Weiterentwicklung von GE verantwortlich.
Ab 2015 wurde er CEO der GE-Healthcare-Sparte. GE Healtcare ist die Medizintechniksparte des Unternehmens. Ein Wachstumsmarkt. GE Healthcare war es jedoch nicht gelungen, von diesem Wachstum zu profitieren. Zwischen 2011 und 2015 stagnierten die Umsätze und Gewinne bei rund 18 Mrd. USD bzw. rund 2,8 Mrd. USD. Flannery übernahm GE Healthcare 2015 und brachte die Sparte zurück auf einen profitablen Wachstumskurs. Zwischen 2015 und 2017, in seiner Zeit als CEO von GE Healthcare, konnte der Umsatz um knapp 9% und der operative Gewinn um knapp 20% gesteigert werden. Der Turnaround glückte. Heute wächst GE Healthcare wieder mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten. Flannery hat also bereits bewiesen, dass er Unternehmen aus einer Krise leiten kann.
Kurz nach seinem Antritt als CEO kaufte er im Umfang von über 1 Mio. USD GE-Aktien. Insgesamt hält Flannery derzeit über 615.000 GE-Aktien im Wert von 8 Mio. USD. Seine Vergütung als CEO hängt ebenfalls stark am künftigen Aktienkursverlauf von GE. Ein Manager, der auch im größeren Umfang Aktionär des von ihm geführten Unternehmens ist, kann mich eher überzeugen, als ein Manager, der keine einzige Aktie des von ihm geführten Unternehmens hält. Ein weiterer Pluspunkt für Flannery.
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Flannery hat sich seit seinem Amtsantritt im August 2017 fast ein Jahr Zeit genommen, um die künftige Strategie von GE in aller Ruhe zu entwerfen. Dabei ist er ergebnisoffen und rational vorgegangen und hat keine impulsiven Entscheidungen getroffen. Die Ergebnisse und die künftige GE-Strategie besprechen wir im zweiten Abschnitt dieser Aktienanalyse. Um dir einen Eindruck vom CEO Flannery zu verschaffen, empfehle ich dir, folgendes Video zu schauen.
Ich persönlich halte Flannery auf Basis der Ergebnisse meiner Recherchen für den richtigen Mann an der Spitze von GE. Flannery ist erfahren, kennt das Unternehmen und hat bei GE Healthcare bereits bewiesen, dass er den Turnaround eines Unternehmens hinbekommen kann. Da er selbst in größerem Umfang in GE investiert ist, traue ich ihm zu, dass er bei all seinen Entscheidungen die Auswirkungen auf den Unternehmenswert beachtet.
1.4 Wie sieht die neue Strategie von GE aus?
Der anhaltend enttäuschende Aktienkursverlauf führte bei vielen GE-Aktionären zu einem großen Frust. John Flannery stellte im Juni 2018 die neue, langfristige Strategie von GE vor. Kernelemente der neuen Strategie sind:
- Die Abspaltung von drei Geschäftssparten. Aktionäre erhalten in den nächsten drei Jahren dreimal Anteile an den neuen Unternehmen.
- GE selbst konzentriert sich künftig auf die drei Sparten Luftfahrt, Energie und Erneuerbare Energien. Damit wird GE zu einem fokussierten Hightech-Industrieunternehmen und ist kein "Gemischtwarenladen" mehr. Außerdem verbleibt die Finanzsparte GE Capital bei GE.
- Die Verschuldung soll halbiert werden. GE will zu einer starken Bilanz zurückkehren. Dabei wird die Finanzsparte weiter verkleinert werden.
- Die verbleibenden Sparten bekommen mehr unternehmerische Freiheit. Bürokratische Stellen in der GE-Zentrale sollen abgebaut werden. Das senkt die Kosten und erhöht die Innovationsgeschwindigkeit der bei GE verbleibenden Unternehmen.
1.5 Meine Meinung zur neuen GE-Strategie
An dieser Stelle schreibe ich meine persönliche Meinung. Diese ist, wie jede Meinung, subjektiv geprägt.
- Ich finde es sehr gut, dass der CEO sich zuerst ein knappes Jahr Zeit genommen hat, um in aller Ruhe alle sinnvollen Optionen auszuloten und gegeneinander abzuwägen.
- Alle GE-Aktionäre werden in den nächsten 3 Jahren nicht mehr nur eine GE-Aktie besitzen, sondern Aktionär von vier Aktiengesellschaften sein, ohne dafür neues Kapital investieren zu müssen. GE reicht die an die Börse gebrachten Tochterunternehmen an seine Aktionäre weiter. Diese Spin-Offs entwickeln sich typischerweise extrem gut. Nachdem die Sparten über Jahrzehnte im bürokratischen GE-System gebunden waren, haben die Manager der Sparten plötzlich alle unternehmerischen Freiheiten. Die Tochterunternehmen können sinnvolle Strategien entwickeln und sich auf einen profitablen Wachstumskurs fokussieren. Sie brauchen nicht mehr innerhalb des GE-Systems um Kapital zu kämpfen, sondern können einfach "machen".
- Persönlich wäre es mir noch lieber gewesen, wenn GE auch noch die Luftfahrt-Sparte abgespalten hätte. Diese wäre als eigenständiges Unternehmen wohl mindestens 14-15 USD/Aktie wert und damit wertvoller als das gesamte GE-Unternehmen. Aber es ist auch völlig klar, dass die Finanzsparte GE Capital evtl. weiteren Finanzbedarf hat und als eigenständige Einheit kaum überlebensfähig wäre. Daher hat das Management derzeit das maximal Mögliche herausgeholt.
- Ich halte die Strategie unterm Strich für sehr schlüssig und wertmaximierend für die Aktionäre von GE. Das jetzige Management kann nichts dafür, dass in der Vergangenheit massive Fehler begangen worden sind. GE erscheint mir sehr gut geführt.
1.6 Ist GE überschuldet?
Da GE sowohl 2015, als auch 2017 mit einem Nettoverlust abgeschlossen hat und gleichzeitig massiv Aktien zurückgekauft wurden (alleine 2016 über 20 Mrd. USD), ist die Verschuldung in den letzten Jahren angestiegen. Aktuell ist das Industriegeschäft von GE mit rund 50 Mrd. USD verschuldet. Angesichts des in 2018 voraussichtlich erneut rückläufigen, operativen Gewinns ist die Verschuldungssituation daher mittlerweile leicht angespannt.
Für 2018 kann mit einem operativen Gewinn (EBIT) von ca. 13 Mrd. USD gerechnet werden. Die Verschuldung dürfte damit rund das 4-fache des aktuellen Gewinns betragen. GE kratzt bereits an der Grenze für ein solides Investmentgrade-Rating.
Gleichzeitig ist GE meilenweit davon entfernt, überschuldet zu sein. Durch die Halbierung der Dividende in 2018 ist die Dividendenzahlung durch den Free Cash Flow des Industriegeschäftes wieder vollständig gedeckt. Es werden auch keine Aktien mehr zurückgekauft.
Die beschlossene Umstrukturierung hat zum Ziel, die Nettoverschuldung von GE binnen zwei Jahren auf 25 Mrd. USD zu halbieren. Dann würde GE wieder sehr solide finanziert sein. Die folgende Grafik zeigt die Finanzierungsquellen auf.
GE möchte die Verschuldung mit folgenden Maßnahmen halbieren:
- GE Healthcare wird als eigenständiges Unternehmen an die Börse gebracht. Auf GE Healthcare werden Schulden in Höhe von ca. 18 Mrd. USD übertragen.
- 80% von GE Healthcare werden an die Aktionäre von GE übertragen werden. 20% verbleiben bei GE selbst. Dieses Aktienpaket kann jederzeit über die Börse veräußert werden. Da GE Healthcare einen operativen Gewinn von rund 3.500 Mio. USD erwirtschaftet, und Medizintechnikunternehmen (z.B. Siemens Healthineers) derzeit mit dem 20-fachen operativen Gewinn bewertet werden, dürfte GE Healthcare rund 70 Mrd. USD wert sein. Zieht man davon die 18 Mrd. USD Verschuldung ab, die GE Healthcare als "Mitgift" erhalten wird, dürfte der Börsenwert von GE Healthcare bei ca. 52 Mrd. USD liegen. Das bei GE verbleibende Aktienpaket dürfte damit ca. 10,4 Mrd. USD wert sein.
- Die Transportsparte wird mit dem börsennotierten Unternehmen Wabtec verschmolzen. GE fließen sofort 2,9 Mrd. USD zu, weiterhin erhält GE Aktien am neuen Unternehmen im Wert von ca. 2 Mrd. USD.
- GE hält derzeit 62,5% der Aktien am börsennotierten Unternehmen Baker Hughes. Der Marktwert dieser Aktien beträgt 23,4 Mrd. USD.
- Der Veräußerung kleinerer Geschäftssparten.
Fazit: GE hat mehr als genug Möglichkeiten, um seine Verschuldung von derzeit 50 Mrd. USD innerhalb von zwei Jahren komplett zurückzuführen. Das macht aber keinen Sinn, eine gewisse Verschuldung ist bei jedem erfolgreichen Unternehmen sinnvoll, um den Wert des Unternehmens für die Eigentümer zu erhöhen. Derzeit sieht es so aus, als würde GE ohne die Veräußerung von Baker Hughes bereits mehr als 40 Mrd. USD erlösen. Damit würde das selbst gesetzte Ziel von 25 Mrd. USD um 15 Mrd. USD übertroffen werden. Ich gehe daher davon aus, dass die Aktionäre von GE eines Tages die Baker Hughes-Aktien ebenfalls übertragen bekommen werden.
1.7 Soll man die GE Aktie kaufen, halten oder verkaufen?
Wie bei jeder Aktie, gilt auch bei GE: Der Wert der Aktie muss errechnet werden. Befindet sich der aktuelle Aktienkurs unter dem fairen Wert der GE-Aktie, sollte man die GE-Aktie kaufen. Notiert der Aktienkurs hingegen über dem Wert der Aktie, ist es sinnvoll, die Aktie zu verkaufen.
Um diese Fragen sinnvoll beantworten zu können, errechnen wir im zweiten Abschnitt dieser GE Aktienanalyse den fairen Wert der GE-Aktie. Dazu addieren wir die Werte der einzelnen Sparten auf. Im nächsten Schritt ziehen wir die Schulden des Unternehmens ab. Den Unternehmenswert teilen wir dann durch die Anzahl der ausstehenden Aktien und erhalten so den Wert je Aktie.
1.8 Wie geht es mit der GE Dividende weiter?
Zuerst die gute Nachricht: Trotz des immensen Aktienkursrückgangs zahlt GE weiterhin eine Dividende. Diese wird, wie für US-Unternehmen typisch, quartalsweise ausbezahlt und beträgt derzeit 0,48 USD pro Jahr. Damit liegt die aktuelle Dividendenrendite bei 3,7%. Die Dividendenzahlung von rund 4,2 Mrd. USD jährlich ist gut vom Free Cash Flow des Unternehmens abgedeckt, der 2018 rund 6 Mrd. USD erreichen sollte. GE ist also trotz Unternehmenskrise in der Lage, die Dividende aus den erwirtschafteten Cashflows zu bezahlen.
Die entscheidende Frage für Privatanleger ist aber nicht, was in der Vergangenheit mit der Dividende passiert ist, sondern wie es um die Dividendenaussichten von GE steht. GE steht vor dem größten Unternehmensumbau der Firmengeschichte. In ca. drei Jahren, wenn der Umbau beendet ist, werden aus der "alten GE" vier neue und fokussierte Unternehmen entstanden sein. Die größte Veränderung des Unternehmens wird dabei sein, die Medizintechniksparte GE Healthcare als eigenständiges Unternehmen abzuspalten und an die Aktionäre durchzureichen. Dieser Schritt soll nach jetzigem Stand zwischen Juni und Dezember 2019 erfolgen. Bis dahin möchte GE die aktuelle Dividende konstant halten.
GE hat verkündet, dass nach der Abspaltung beide Unternehmen "branchenübliche" Ausschüttungsquoten anstreben werden. GE Healthcare wird dann als eigenständiges Unternehmen ebenfalls eine Dividende einführen. Da GE Healthcare mit einem großen Schuldenberg von rund 18 Mrd. USD abgespalten werden wird, dürfte die Ausschüttungsquote des neuen GE-Healthcare-Unternehmens, zumindest in den ersten Jahren der Börsennotierung, relativ gering ausfallen.
Die zu diesem Zeitpunkt verbleibende GE ist durch die Abspaltung dann ein kleineres Unternehmen geworden und wird evtl. die eigene Dividende kürzen. Ob es zu diesem Schritt kommt, hängt auch von der weiteren Geschäftsentwicklung ab. Da die jetzigen GE-Investoren dann aber zusätzlich Aktien (und damit auch Dividenden) des neuen Unternehmens GE Healthcare eingebucht bekommen werden, dürfte sich die insgesamt ausgezahlte Dividende vorläufig kaum verändern.
Langfristig hängt die Dividendenzahlung von GE, wie bei jedem Unternehmen, von der Gewinnentwicklung ab. Gelingt es GE, die Restrukturierungskosten wieder herunterzufahren und in der Problemsparte GE Power (dazu später mehr) den Turnaround hinzubekommen, dann dürfte im Laufe der Jahre auch die Dividende wieder zulegen.
1.9 Kann man GE mit Siemens vergleichen?
Nein. Gemeinsam haben beide Unternehmen, dass sie große Industriekonglomerate sind. Es gibt einige Geschäftsfelder, in denen sich beide Unternehmen Konkurrenz machen. GE und Siemens stellen beide Windräder, Kraftwerke, Gasturbinen und medizintechnische Geräte her. Siemens besitzt darüber hinaus eine sehr wertvolle und wachstumsstarke Software-Sparte. GE besitzt im Gegensatz zu Siemens eine hochlukrative Flugzeug-Sparte.
Gewisse Geschäftsbereiche überlappen sich also, andere sind grundverschieden. Zuerst hieß es an den Kapitalmärkten jahrelang, die "verschlafene" Siemens müsse doch endlich von GE "lernen", wie man Werte für die Aktionäre schafft. GE war von 1993 bis 2005 immerhin das wertvollste Unternehmen der Welt. Als Siemens dann zwischen 2006 und 2008 auch noch mit einer massiven Korruptionsaffäre zu tun hatte, waren viele Siemens-Aktionäre endgültig stinksauer. 2013 wurde dann mit Joe Kaser einer der erfolgreichsten Siemens-Manager seit langer Zeit zum Siemens-CEO berufen. Seitdem Kaeser am Werk ist, stabilisiert sich die Lage bei Siemens. Der Aktienkurs hat seit seinem Amtsantritt (ohne Dividenden) bereits knapp 50% zugelegt. Große Milliardenbelastungen aus falsch kalkulierten Projekten bleiben ebenfalls aus.
Joe Kaeser hat früher als GE erkannt, dass sich die Zeit der Konglomerate dem Ende zuneigt. Siemens fusionierte seine Erneuerbare Energien-Sparte mit dem spanischen Unternehmen Gamesa. Das Geschäft mit der Medizintechnik (Siemens Healthineers) wurde abgespalten und an die Börse gebracht. Seit dem Börsengang im März 2018 hat Siemens Healthineers eine beeindruckende Performance von über 40% hingelegt. Wir von AlleAktien haben das Unternehmen damals vor dem IPO in einem Artikel bewertet und auf die damalige Unterbewertung der Aktie hingewiesen.
Doch damit nicht genug: Kaeser arbeitet bereits an der Zusammenlegung des Zuggeschäftes von Siemens mit dem der französischen Konkurrenz. Erneut soll ein börsennotiertes Tochterunternehmen entstehen, das nicht mehr selbst von Siemens geführt wird, sondern eigenständig Entscheidungen treffen kann. Joe Kaeser hat diese Abspaltung und Verselbstständigung der Unternehmenssparten von Siemens damit begründet, aus einem "schweren Tanker ein Flottenverband schneller Boote" machen zu wollen.
Mittlerweile hat GE unter der Führung von John Flannery reagiert und schlägt einen ähnlichen Weg ein. Dazu im zweiten Abschnitt dieser Analyse mehr.
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1.10 Was denkt Warren Buffett über GE?
Eine gute Frage. Lassen wir ihn am besten selbst sprechen. Buffett äußerte sich zuletzt im Februar 2018 in folgendem Video zu GE:
Die Kernaussagen des Videos sind:
- Im Oktober 2008 investierte er 3 Mrd. USD in Vorzugsaktien von GE, die eine 10%-Verzinsung einbrachten und zu einem späteren Zeitpunkt zu einem fixen Preis in richtige Aktien gewandelt werden konnten. GE war damals aufgrund der hohen Verschuldung, der kurzfristigen Finanzierungsstrategie und dem fehlenden Vertrauen der Finanzmärkte stark angeschlagen. Buffett sendete mit diesem Signal ein Zeichen und trug dazu bei, dass GE nicht pleite gegangen ist.
- Dann hat er alle Aktien vor einigen Monaten, vor dem Kurssturz, zu etwa 30 USD pro Aktie verkauft. Rückblickend eine sehr gut Entscheidung. Heute steht die Aktie nur noch bei 13 USD.
- Buffett sagt außerdem, dass er die Entwicklungen bei GE genau beobachtet. Zumindest bis Ende Juni 2018 hat er aber noch keine neue Aktienposition aufgebaut. Im weiteren Abschnitt dieser Analyse beschäftigen wir uns mit der Bewertung von GE. Dann werden wir erkennen, warum Buffett (noch) nicht wieder eingestiegen ist. Buffett kauft nur Aktien, die eine Rendite von mindestens 15% pro Jahr versprechen. Bei seinem großen Zukauf der letzten Jahre, Apple, ist diese Erwartung bisher mehr als aufgegangen.
2. Bewertung der GE Aktie: GE Aktie kaufen?
An dieser Stelle würde ich normalerweise auf unseren AlleAktien Qualitätsscore eingehen und aufzeigen, ob es sich bei GE um eine Qualitätsaktie handelt. Anschließend würde ich auf die Umsatz-, Gewinn- und Dividendenentwicklung eingehen. Eine Bilanzanalyse würde folgen. All diese Betrachtungen liefern normalerweise einen hohen Erkenntnisgewinn. Da GE derzeit vor dem größten Unternehmensumbau der Geschichte steht, macht eine solche Betrachtung aber keinen Sinn. Die Bilanz wird sich durch die in Punkt 1.6 dargestellten Transaktionen komplett verändern. GE wird mit mehr als genug Finanzmitteln ausgestattet sein. Die Umsätze, Gewinne und Dividenden werden sich auf die einzelnen, abgespaltenen Unternehmen aufteilen.
Daher überspringen wir diesen Schritt und widmen uns direkt der Bewertung des Unternehmens. GE besteht aus einer Vielzahl von unterschiedlichsten Sparten. Eine Betrachtung des Unternehmens als Ganzes ist wenig aussagekräftig. Im Rahmen des hier angewendeten Sum-of-the-Parts-Modells werden im ersten Schritt die Werte der einzelnen Sparten aufaddiert. Im zweiten Schritt ziehen wir die Schulden des Unternehmens ab. Im dritten Schritt teilen wir den Unternehmenswert durch die Anzahl der ausstehenden Aktien und erhalten so den Wert je Aktie.
2.1 Wert der einzelnen GE-Sparten
Power-Sparte
In der Power-Sparte entwickelt, produziert und verkauft GE
- Gasturbinen (für moderne Gaskraftwerke)
- Serviceverträge für bereits installierte Gasturbinen, stellt Ersatzteile bereit usw.
- Produkte für Stromnetze (sehr stabiles Geschäft, weltweit wird von Jahr zu Jahr mehr Energie verbraucht)
- Turbinen/Generatoren, die in Kohle- und Atomkraftwerken eingesetzt werden
2016 konnte ein operativer Gewinn von 5,1 Mrd. USD erwirtschaftet werden, was einer Gewinnmarge von 14% entspricht. In den Jahren davor lag die Gewinnmarge in diesem Segment sogar bei 17%. 2017 sank die Gewinnmarge unter Berücksichtigung von Restrukturierungskosten auf nur noch 6% der Umsätze ab. Im ersten Halbjahr 2018 sank die Gewinnmarge abermals ab.
Die Nachfrage nach großen Gasturbinen sank in 2017 weltweit rapide ab. Der Markt ist von starken Überkapazitäten geprägt. Daher konnten die wenigen Kunden niedrige Preise aushandeln und die Gewinnmargen der Hersteller haben sich verringert. GE hat weltweit einen Marktanteil von 50% im Markt für große Gasturbinen.
Weltweit steigt die Nachfrage nach Elektrizität. Wirtschaftswachstum sorgt in aufstrebenden Ländern für einen stetig steigenden Energieverbrauch. Von der neu installierten Stromkapazität werden rund 70% in Form von Erneuerbaren Energien installiert. Da diese in vielen Ländern billiger als die Stromproduktion mit Gaskraftwerken sind, werden derzeit kaum noch neue Gaskraftwerke nachgefragt. GE selbst rechnet derzeit bis 2020 mit einer sehr schwachen Nachfrage.
Ich persönlich kann mir gut vorstellen, dass die Nachfrage noch einige weitere Jahre darüber hinaus schwach bleibt. Langfristig wird es aber wieder einen steigenden Bedarf nach Gaskraftwerken geben. Erneuerbare Energien eignen sich aufgrund der von äußeren Faktoren abhängigen Produktionsmenge nicht für die Produktion von Strom, der immer verfügbar sein muss. Da zudem immer mehr Autos elektrisch fahren, dürfte die Nachfrage nach Strom in den kommenden Jahren weiter ansteigen.
GE reagiert auf die schwache Nachfrage mit einem massiven Kostensenkungsprogramm. 12.000 Mitarbeiter werden entlassen. Produktionsanlagen werden geschlossen. Die Kapazität wird im ersten Schritt um 30% reduziert. Dadurch werden die Kosten um über 1 Mrd. USD pro Jahr gesenkt und die Überkapazität wird aus dem Markt genommen.
Ab 2020, wenn die Restrukturierungen beendet sein werden, dürfte die Gewinnmarge der Sparte daher trotz weiterhin niedriger Nachfrage wieder anziehen. Glücklicherweise besteht die Power-Sparte nicht nur aus neu verkauften Gaskraftwerken. Bereits erbaute Kraftwerke werden im Rahmen langfristiger und lukrativer Serviceverträge von GE gewartet.
- In meinem neutralen Szenario rechne ich aus Sicherheitsgründen nicht damit, dass es dem Unternehmen in absehbarer Zeit wieder gelingen wird, eine Gewinnmarge von 17% zu erzielen. Wenn es bis 2020 gelingt, die Umsätze auf dem aktuellen Niveau von ca. 35 Mrd. USD zu halten, und zu einer Gewinnmarge von 10% zurückzukehren, dann dürfte die Power-Sparte einen operativen Gewinn von 3.500 Mio. USD abwerfen. Dieser liegt weit unter den historisch erzielten Gewinnen von über 5.000 Mio. USD und beinhaltet daher einen Sicherheitsabschlag. Bewertet man diesen Gewinn mit einem sehr konservativen 12-fachen Multiplikator, dann ist die Power-Sparte 42 Mrd. USD wert. Dieser 12-fache EV/EBIT-Multiplikator beinhaltet einen 33%-Abschlag auf das aktuelle durchschnittliche EV/EBIT-Verhältnis (Unternehmenswert/operativer Gewinn) des US-Aktienmarktes.
- In einem extrem pessimistischen Alternativszenario rechne ich damit, dass es aufgrund der immer günstigeren Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien nie mehr zu einer Erholung der Umsätze und Gewinnmargen kommt. Der nachhaltige Umsatz würde dann nur noch 30 Mrd. USD und der nachhaltig zu erzielende operative Gewinn 2,4 Mrd. USD betragen, was einer Gewinnmarge von nur noch 8% und damit mehr als einer Halbierung gegenüber den 2013-2016 erzielten Gewinnmargen entspricht. In diesem Szenario liegt der Wert der Power-Sparte bei 28,8 Mrd. USD.
- In einem sehr positiven Alternativszenario rechne ich damit, dass sich die Nachfrage nach Gasturbinen ab 2020 wieder erholt. Gründe dafür könnten eine steigende Weltbevölkerung sowie eine steigende Stromnachfrage aufgrund von Wirtschaftswachstum und einem zunehmenden Umstieg auf E-Mobilität sein. Da derzeit jede Kostenposition hinterfragt wird, geht GE gestärkt aus der Krise hervor und erzielt in den Jahren ab 2021 einen Umsatz von 45 Mrd. USD und eine operative Gewinnmarge von 15%, die immer noch unter den historischen Werten liegt. Dies führt zu einem operativen Gewinn von 6.750 Mio. USD, was einem Wert der Sparte von 81 Mrd. USD entspricht.
Fazit: Der Wert der Power-Sparte ist derzeit schwer einzuschätzen. Je nachdem, wie schnell sich die Nachfrage nach Gasturbinen und Gaskraftwerken wieder erholt, rechne ich mit einem Wert der Sparte zwischen 29 und 81 Mrd. USD. Mein neutrales, vorsichtig gerechnetes, Szenario geht von einem Wert von 42 Mrd. USD aus.
Renewable Energy-Sparte
In der Erneuerbare Energien-Sparte entwickelt, produziert und vertreibt GE
- Windturbinen (Onshore und Offshore, also für Anlagen im Meer)
- Rotorblätter
- Lösungen und Produkte für Wasserkraftwerke
Mit dieser Sparte gelingt es GE, von der steigenden Nachfrage nach Erneuerbaren Energien zu profitieren. 70% der weltweit neu installierten Energiekapazität stammt aus Erneuerbaren Energien. Strom aus Erneuerbaren Energien wird immer günstiger. Auch ohne Subventionen ist die Errichtung eines Windparks in vielen Ländern bereits die günstigste Art, Strom zu produzieren. Die Nachfrage wird über Jahre hinweg stetig ansteigen. GE ist sehr gut positioniert, um hiervon zu profitieren.
Der Markt ist gleichzeitig aber hart umkämpft. Allzu hohe Gewinnmargen sind nicht zu erwarten. Da GE einer der größten Anbieter ist, kann GE von Größenvorteilen profitieren.
Wettbewerber, wie Siemens Gamesa oder Vestas Wind Systems, erzielen ähnlich hohe Umsätze und Gewinnmargen wie GE Renewable Energy. Beide Wettbewerber werden ca. mit dem 10-fachen Unternehmensgewinn bewertet.
Da in 2017 ein operativer Gewinn von 700 Mio. USD erzielt wurde, errechne ich einen Wert von ca. 7 Mrd. USD.
Oil & Gas-Sparte
Der Wert dieser Sparte kann sehr einfach errechnet werden. Die Sparte notiert nämlich bereits als eigenständige Aktiengesellschaft an der Börse. GE hält 62,5% der Aktien von Baker Hughes, unter deren Namen die GE Oil & Gas-Sparte an der Börse notiert ist.
Der Marktwert der von GE gehaltenen Aktien beträgt bei einem Kurs von 34 USD je Aktie 23,4 Mrd. USD.
Aviation-Sparte
Diese Sparte ist die mit Abstand wertvollste Sparte von GE. In der Aviation-Sparte entwickelt, produziert und vertreibt GE
- Flugzeugtriebwerke für zivile und militärische Flugzeuge
- Service- und Wartungsverträge sowie Ersatzteile für bereits verkaufte Triebwerke
Die Nachfrage nach Flugzeugen steigt weltweit immer stärker an. Die folgende Grafik verdeutlicht die steigende Nachfrage. Während im Jahr 2000 noch 1,6 Mrd. Passagiere per Flugzeug reisten, waren es in 2017 bereits 4,0 Mrd. Passagiere. Das Passagierwachstum lag damit seit 2000 trotz 9/11 und Finanzkrise bei über 5% pro Jahr.
Mehr Passagiere bedeuten mehr Flugzeuge und mehr Flugzeuge bedeuten eine steigende Nachfrage nach Flugzeugtriebwerken. GE ist absoluter Marktführer in der Herstellung von Flugzeugtriebwerken. Zwei Drittel aller weltweiten Starts und Landungen erfolgen mit GE-Triebwerken. Jede zwei Sekunden hebt eine Maschine mit GE-Triebwerken ab. Es ist kein Ende des Wachstums in Sicht. GE hat alleine in dieser Sparte Aufträge im Wert von über 200 Mrd. USD (!) und damit über sieben Jahre Vollauslastung in den Büchern. 2018 soll der Gewinn der Sparte um über 15% ansteigen.
2017 wurde in der Aviation-Sparte ein operativer Gewinn von 6,6 Mrd. USD erwirtschaftet. 2018 dürfte der operative Gewinn bereits bei 7,6 Mrd. USD liegen. Aufgrund der hohen Gewinnmargen und der anhaltend guten Wachstumsaussichten werden vergleichbare Unternehmen wie MTU Aero Engines oder Boeing an der Börse mit dem 18- bis 20-fachen operativen Gewinn bewertet. Ich gehe auch hier auf Nummer sicher und bewerte die Sparte nur mit dem 17-fachen operativen Gewinn. Der Wert von GE Aviation dürfte damit bei 130 Mrd. USD liegen.
Healthcare-Sparte
GE Healthcare ist eine weitere Ertragsperle des Unternehmens. Aufgrund des weltweiten Wirtschaftswachstums werden in immer mehr Ländern medizinische Versorgungssysteme und Kliniken und Krankenhäuser aufgebaut. Diese werden mit Röntgengeräten, Computertomographen, Magnetresonanztomographen, Ultraschallgeräten, EKG-Systemen und weiteren Hightech-Geräten (von GE Healthcare) ausgestattet. Auch in den Industrieländern darf mit einer steigenden Nachfrage nach medizinischen Geräten gerechnet werden. Da Menschen überproportional oft im hohen Alter erkranken, sorgt die immer weiter ansteigende Lebenserwartung dafür, dass der Bedarf nach medizinischen Therapien ebenfalls ansteigt. GE Healthcare ist in vielen Bereichen der Marktführer und konnte in 2017 ein Auftragsplus von 6% verbuchen. Weiterhin spricht für ein Investment in den Healthcare-Markt, dass dieser nicht von der Konjunktur abhängt, sondern stetig wächst.
Da GE Healthcare einen operativen Gewinn von rund 3.500 Mio. USD erwirtschaftet, und Medizintechnikunternehmen (z.B. Siemens Healthineers) derzeit mit dem 20-fachen operativen Gewinn bewertet werden, dürfte GE Healthcare rund 70 Mrd. USD wert sein.
Transportation-Sparte
In der Transportation-Sparte stellt GE Lokomotiven und Dieselmotoren her. GE wird diese Sparte, wie auch die Healthcare-Sparte, abspalten und an die Börse bringen. Im Gegensatz zur Healthcare-Sparte aber nicht als eigenständiges Unternehmen, sondern als Verschmelzung mit dem bereits an der Börse notierten Konkurrenten Wabtec. Das neue Unternehmen wird auf einen Börsenwert von ca. 20 Mrd. USD kommen. GE hält 50% der Aktien des neuen Unternehmens. 10% sollen bei GE verbleiben, 40% an die GE-Aktionäre in Form einer Aktiendividende durchgereicht werden.
GE erhält außerdem eine Zahlung von 2,9 Mrd. USD von Wabtec. Damit dürfte der GE-Anteil des fusionierten Unternehmens bei rund 13 Mrd. USD liegen.
Lighting-Sparte
Da diese Sparte nur für einen relativ unbedeutenden Umsatz von 2 Mrd. USD verantwortlich ist und Ende 2017 in die Power-Sparte von GE integriert wurde, setze ich den Wert trotz eines operativen Gewinns von 100 Mio. USD bei 0 USD an.
GE Capital
Kommen wir nun zum größten "Sorgenkind" von GE. Der Finanzsparte. In der Finanzsparte bietet GE Finanzierungen in folgenden Bereichen an:
- Luftfahrt
- Energie
- Gesundheit/Healthcare
Ein grundsätzlich solides und legitimes Geschäftsmodell, mit dem man als Unternehmen gutes Geld verdienen kann. Auch Konkurrenten, wie Siemens, haben eine solche Sparte. Viele der von GE hergestellten Produkte sind sehr teuer. Ein modernes Gaskraftwerk kann bspw. schnell mehr als eine Mrd. USD kosten. GE bietet neben dem Verkauf des Kraftwerkes auch noch die Finanzierung des Kraftwerkes an. Dieses Geschäft, das den Absatz der Industriesektoren unterstützt und finanziert, ist profitabel.
Wie kann es dann sein, dass in dieser Sparte 2015-2017 ein kumulierter Verlust von ca. 17 Mrd. USD anstelle eines Gewinns angefallen ist?
Leider gibt es da noch ein viertes Geschäftsmodell in dieser Sparte. Früher hat GE allerlei Dinge gemacht, die nicht gerade viel mit dem Kerngeschäft zu tun hatten. Die Bilanzsumme des Unternehmens war 2008 noch bei über 800 Mrd. USD. Damals war GE eine "Bank" mit angeschlossener Fabrik. Der Großteil der nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerte (Assets) wurde bereits verkauft. Dabei sind bspw. in 2015 heftige Verkaufsverluste angefallen, weil der Verkaufspreis der Assets unter dem Buchwert lag. Aber es ist noch nicht alles verkauft:
Rund die Hälfte der derzeit 150 Mrd. USD an Assets gehört nicht zum Kerngeschäft. Früher hat GE Versicherungen angeboten. Diese werden schon längt nicht mehr verkauft. Es bestehen aber noch Verpflichtungen aus bereits vor Jahren unterschriebenen Verträgen. GE hat, wie jedes Versicherungsunternehmen, Rückstellungen in Höhe der zu erwartenden Auszahlungen gebildet. Diese haben bei der jährlich erfolgenden Prüfung in 2017 aber nicht mehr ausgereicht. Es musste ein Aufwand von 6,2 Mrd. USD verbucht werden. Gemäß GE soll nun wieder alles passen. Ob ich daran glaube?
Dafür spricht, dass neue CEOs bei Amtsantritt gerne alle irgendwie erdenklichen Belastungsfaktoren offenlegen. Diese sind nicht auf die Entscheidungen des neuen CEOs zurückzuführen und holen ihn daher später nicht mehr ein. Dagegen spricht, dass GE das Versicherungspaket noch nicht an ein anderes Unternehmen weiterverkauft hat. Würden die Assets werthaltig sein, wäre das kein Problem.
Daher ist es durchaus möglich, dass hier nochmals ein paar Mrd. USD abgeschrieben werden müssen. Die Strategie von GE sieht vor, die Finanzsparte weiter gesundzuschrumpfen. Dadurch wird gebundenes Eigenkapital frei.
Ich rechne noch ein paar Jahre eher mit einer roten Null, als mit dicken Gewinnen in der Finanzsparte. Durch das Schrumpfen der Sparte dürfte das in der Sparte gebundene Eigenkapital aber wohl ausreichen. Insofern ist die Sparte wohl mindestens 0 USD wert, in einem optimistischeren Szenario auch bis zu 15 Mrd. USD.
Corporate Items
In dieser "Sparte" verbucht GE alle möglichen weiteren Erträge und Kosten. Darunter fallen im Wesentlichen:
- Verkaufserlöse aus zur Veräußerung stehenden Geschäften
- Kosten für Pensionspläne
- Restrukturierungskosten
- Allgemeine (Verwaltungs-)Kosten, z.B. für allgemeine Forschungsausgaben, die keiner Sparte zugeordnet werden können
Die Kosten für die Pensionspläne liegen Jahr für Jahr bei ca. 2,5 Mrd. USD. Kapitalisiert man diese mit dem 20-fachen Faktor, beträgt der Barwert der Kosten 50 Mrd. USD. Die Idee hinter der Kapitalisierung ist, dass man heute 50 Mrd. USD zu 5% anlegen könnte, und davon jedes Jahr aus den Zinserträgen die 2,5 Mrd. USD bezahlen könnte.
In 2018 sollen die Restrukturierungskosten bei knapp 3 Mrd. USD liegen, in 2019 bei ca. 2 Mrd. USD. Da bei einem derart großen Unternehmen wie GE jedes Jahr irgendetwas umstrukturiert werden muss, rechne ich ab 2020, wenn der große Konzernumbau abgeschlossen sein dürfte, mit laufenden Umstrukturierungskosten von 1 Mrd. USD pro Jahr. Kapitalisiert man diese ebenfalls mit dem 20-fachen Faktor, beträgt der Barwert der Kosten 5 Mrd. USD (für 2018 und 2019) und weitere 20 Mrd. USD (ab 2020).
Weiterhin dürften bei GE auch künftig, sprich nach der Verkleinerung des Hauptsitzes, jährlich rund 1 Mrd. USD an allgemeinen (Verwaltungs-)Kosten anfallen. Kapitalisiert ist der negative Wert dieser Kosten ebenfalls bei 20 Mrd. USD.
Insgesamt müssen also rund 95 Mrd. USD vom Unternehmenswert abgezogen werden, um die unter "Corporate Items" verbuchten Aufwendungen zu neutralisieren.
Summe der Sparten
Sparte | Wert der Sparte |
Power | 29-81 Mrd. USD, neutral: 41 Mrd. USD |
Renewable Energy | 7 Mrd. USD |
Oil & Gas | 23,4 Mrd. USD |
Aviation | 130 Mrd. USD |
Healthcare | 70 Mrd. USD |
Transportation | 13 Mrd. USD |
GE Capital | 0-15 Mrd. USD, neutral: 5 Mrd. USD |
Corporate Items | -95 Mrd. USD |
Summe | 177,4-244,4 Mrd. USD, neutral 194,4 Mrd. USD |
2.2 Abzug der Nettofinanzschulden vom Unternehmenswert
Ziehen wir die Nettoverschuldung des Industriegeschäftes von 50 Mrd. USD vom Unternehmenswert ab, so erhalten wir folgenden fairen Wert für die Eigentümer bzw. Aktionäre von GE:
Worst Case | 127,4 Mrd. USD |
Neutraler Case | 144,4 Mrd. USD |
Best Case | 194,4 Mrd. USD |
2.3 Berechnung des fairen Wertes je Aktie
Zum 30.6.2018 standen 8.700 Mio. Aktien des Unternehmens aus. Daraus ergibt sich folgender, fairer Wert je Aktie:
Worst Case | 14,60 USD |
Neutraler Case | 16,60 USD |
Best Case | 22,30 USD |
Da es voraussichtlich bis Mitte 2020 dauern wird, bis die Umstrukturierung abgeschlossen sein wird, rechne ich damit, dass der faire Wert je Aktie erst in zwei Jahren erreicht wird. Erst dann werden die Umstrukturierungskosten des Unternehmens wieder deutlich zurückgehen und die wahre Ertragskraft wird wieder zum Vorschein kommen. Wer jetzt einsteigt, kann während den beiden Jahren jeweils mit einer Dividende von 0,48 USD rechnen. Daher rechne ich für 2020 noch 1 USD an angelaufenen Dividendenzahlungen auf den fairen Wert dazu.
Fairer Wert 2020:
Case | Wert je Aktie | Kurspotential |
Worst Case | 15,60 USD | 20% |
Neutraler Case | 17,60 USD | 35% |
Best Case | 23,30 USD | 79% |
Ein Investment in GE führt im neutralen Szenario zu einer Rendite von 35% in nur zwei Jahren. Damit ist die GE-Aktie klar unterbewertet. Aus lauter Unsicherheit über die Umstrukturierung und die künftige Entwicklung vergessen wohl viele Kapitalmarktteilnehmer, in welch spannenden Branchen GE als klarer Marktführer tätig ist.
Da Buffetts Interview über GE im Februar zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Aktienkurs noch bei 15 USD stand, macht es Sinn, dass er damals noch nicht in die Aktien des Unternehmens investiert hat. Buffett erwartet von all seinen Investitionen eine Rendite von mindestens 15% pro Jahr. Dieses ist ab einem Kurs von unter 13,30 USD zu erwarten. Natürlich nur, sofern der Altmeister dieselben Annahmen wie ich getroffen hat (wovon ich natürlich nicht ausgehe).
Insgesamt bin ich bei der Wertermittlung aber sehr konservativ vorgegangen. Daher halte ich die Aktie ab einem Kurs von 13,30 USD für unterbewertet. Da wir nun den Wert der GE-Aktien kennen, wird es richtig spannend, falls die Aktie nochmals unter die Räder kommt. Würde die GE beispielsweise in den nächsten Monaten noch auf einen Kurs von 10 USD fallen, so könnte man als Investor mit einer Rendite von 76% innerhalb von nur zwei Jahren rechnen.
Damit sind wir wieder im klassischen Dilemma eines jeden Value-Investors angekommen: Je billiger wir eine Aktie kaufen, desto höher die Renditeerwartung und desto geringer das Risiko. Setzen wir aber zu hohe Anforderungen an, gelingt es uns nicht mehr, Aktien zu finden. Dann bleiben wir uninvestiert und erzielen überhaupt keine Rendite.
Aus diesem Grund bin ich ein großer Freund schrittweiser Investitionen. Beim aktuellen Kurs von 13 USD halte ich die Aktie bereits für unterbewertet. Also spricht nichts dagegen, eine erste Position aufzubauen. Fällt die Aktie nun auf 12, 11, 10 oder gar 9 USD würde ich jeweils für die gleiche Menge nachkaufen. Natürlich nur, solange der Investment-Case intakt ist. Ändert sich etwas an der fundamentalen Situation des Unternehmens, sollte die Aktie erneut bewertet werden, bevor man nochmals zuschlägt.
Aufteilung des fairen Wertes auf die vier Unternehmen
Unternehmen | Wert pro Aktie | Abspaltungszeitpunkt |
GE | 7,20-14,90 USD | - |
GE Healthcare | 4,80 USD | Juni-Dezember 2019 |
Wabtec | 0,90 USD | Januar-März 2019 |
Baker Hughes | 2,70 USD | Juni 2020-Juni 2021 |
Der stark schwankende Wert von GE selbst ergibt sich dabei aus dem unklaren Wert der Power- und Capital-Sparte. Den wahrscheinlichsten Wert der Kernaktivitäten sehe ich bei 9,20 USD (neutrales Szenario).
Wer jetzt GE-Aktien kauft, dürfte zwischen 2019 und 2021 drei Abspaltungen von GE in sein Depot gebucht bekommen. Diese Abspaltungen können als klarer Kurstreiber die verborgenen Werte des Unternehmens heben und so die Unterbewertung durch Kursanstiege beenden. Durch die neue Unternehmensstrategie gibt es einen klaren Kurstreiber, der in den kommenden Jahren die aktuelle Unterbewertung der Aktie auflösen sollte.
Gerade die Abspaltungen GE Healthcare, Wabtec und Baker Hughes würde ich auf jeden Fall dauerhaft behalten. Nach der Befreiung von der bürokratischen Mutter können die Unternehmen für einige Jahre so richtig aufdrehen. Gleichzeitig sind die Aktienkurse dieser Spin-Offs zum IPO-Zeitpunkt oftmals deutlich unterbewertet, weil viele Investoren mit den neuen Aktien nichts anzufangen wissen und diese daher am Markt "verschleudern".
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In GE-Aktien steckt also eine Menge Potential. Doch wie steht es um die Risiken?
3. Risiken einer Investition in GE
3.1 Ewigkeitsfaktor: Wie wahrscheinlich ist es, dass es dem Unternehmen in 10 Jahren besser geht als heute?
Sehr wahrscheinlich. Ich rechne mit einer Wahrscheinlichkeit von über 95%. Die Finanzsparte von GE hat in den letzten 10 Jahren immer wieder für Probleme und Abschreibungen gesorgt. Mittlerweile sind die nicht zum Kerngeschäft gehörenden Aktivitäten bis auf eine Summe von 70 Mrd. USD abgebaut worden. Die Finanzsparte soll weiter verkleinert werden. Die großen Risiken sind bereits verkauft worden. Somit dürften sich die Aussichten der Sparte spätestens ab 2020 dauerhaft aufhellen.
In der Power-Sparte kann es kaum noch schlechter laufen, als es derzeit läuft. Eines Tages in den kommenden Jahren wird die Nachfrage nach neuen Gaskraftwerken aufgrund des steigenden Energiebedarfs wieder ansteigen und die Gewinne der Sparte werden deutlich steigen.
In der Aviation-Sparte ist kein Ende des Wachstums in Sicht.
Die Abspaltungen GE Healthcare, Wabtec und Baker Hughes dürften sich als eigenständige, freie und fokussierte Unternehmen hervorragend entwickeln.
Daher ist es für mich nur eine Frage der Zeit, bis sich die Ertragssituation des Unternehmens wieder verbessert und in Folge dessen auch der Aktienkurs wieder anziehen wird.
3.2 operative Risiken: Erneute Abschreibung bei GE Capital, anhaltend schwache Nachfrage bei GE Power
Operativ sehe ich zwei größere Risiken.
Zum einen könnte die Nachfrage nach neu erbauten Gaskraftwerken noch weiter abfallen. Während in 2016 noch weltweit 48 GW installiert wurden, liegt der Markt in 2018 nur noch bei 30 GW. GE reduziert die Kapazitäten im Bau von neuen Gaskraftwerken bereits um über 30%. Die laufende Kostenbasis wird in dieser Sparte bis 2020 um über eine Mrd. USD reduziert werden. Sofern sich die Nachfrage auf dem aktuellen Niveau stabilisiert, dürfte die Gewinnmarge daher ab 2020 wieder anziehen. Würde sich die Nachfrage vorübergehend noch weiter abschwächen, könnte GE gezwungen sein, die Kapazitäten noch stärker zu verkleinern. Das würde abermals Restrukturierungskosten auslösen und zu einem weiteren Umsatz- und Ergebnisrückgang führen. Ich persönlich schätze dieses Risiko aber nicht als besonders bedeutend für den Wert der GE-Aktie ein. Kurzfristig könnte es zwar durch ein solches Szenario nochmals zu einem deutlichen Rückgang des Aktienkurses kommen. Mittel- und langfristig wird die Nachfrage nach Gaskraftwerken aber in jedem Fall wieder anziehen. Moderne Gaskraftwerke können im Gegensatz zu Erneuerbaren Energien unabhängig von den Witterungsbedingungen zuverlässig Strom erzeugen. Durch eine weltweit steigende Nachfrage nach Strom wird eines Tages ein Ausbau der Kapazitäten absolut notwendig werden.
Bei der Finanzsparte GE Capital könnte es in den nächsten Monaten/Jahren nochmals zu einer Erhöhung der Rückstellungen für Versicherungszusagen kommen. Ich rechne damit, dass GE schon bald das nicht-strategische Versicherungsportfolio verkaufen wird, wenn dies irgendwie möglich ist. Ein Käufer würde aber sicherlich nicht den vollen Buchwert zahlen. Somit könnte es noch ein letztes Mal zu einer Milliardenabschreibung kommen. Je nach Verkaufserlös ist es aber gut möglich, dass der GE Aktienkurs auf eine solche Meldung sogar positiv reagiert. Denn danach ist GE Capital endgültig gesund geschrumpft und es liegen keine unkalkulierbaren Risiken mehr in den Büchern.
3.3 mögliche Goodwill-Abschreibung und darauf folgend schlechteres Rating durch Ratingagenturen
Falls eines der beiden in 3.2 geschilderten Szenarien eintritt, könnte dies zusätzlich zu einer Abschreibung von Goodwill in der Bilanz führen. Eine Goodwill-Abschreibung führt nicht zu einem Anstieg der Verschuldung oder einem Abfluss von Geldern aus dem Unternehmen. Sie ist nicht cash-wirksam. Es handelt sich dabei um eine Abschreibung des Goodwill-Vermögenswertes auf der Aktivseite der Bilanz. Da eine Bilanz immer ausgeglichen sein muss, kommt es auf der Passivseite zu einer Reduzierung des Eigenkapitals.
In der Gewinn- und Verlustrechnung würde die Goodwill-Abschreibung aufgeführt werden, sodass GE unter Umständen abermals ein Jahr mit einem "Verlust" abschließen würde.
3.4 Fazit zu den Risiken einer GE Investition
Ein Unterschreiten des alten Tiefstandes des Aktienkurses von 12 USD würde erneut Druck auf den Aktienkurs ausüben. Einige Kapitalmarktteilnehmer handeln nach charttechnischen Signalen. Sie setzen sich einen Stop-Loss unter dem letzten Tiefstand. Würde die GE-Aktie unter die 12 USD-Marke fallen, würden viele Stop-Loss-Aufträge ausgeführt werden und viele Aktien würden auf den Markt kommen. Dadurch würde es kurzfristig wohl nochmals zu einem deutlichen Ausverkauf kommen. Dieser wäre dann die perfekte Einstiegsgelegenheit.
Insgesamt sind die Risiken einer Investition in GE auf dem aktuellen Kursniveau aber gerade für langfristige Investoren sehr gering. Es ist aufgrund der sehr günstigen Bewertung und der gleichzeitig hervorragenden Aussichten in den meisten GE-Sparten sehr unwahrscheinlich, dass man als Anleger nach einer Haltedauer von 10 Jahren eine Verlustposition im Depot haben wird. Gut möglich, dass die Aktie dann bereits wieder bei 30 USD steht und eine attraktive Dividende von über einem USD pro Aktie und Jahr gezahlt wird (zumindest, wenn man die dann vier GE-Unternehmen zusammenrechnet).
4. Fazit zur GE Aktienanalyse
- GE ist ein großes Konglomerat. Aufgrund von Management-Fehlern in der Vergangenheit, aber auch aufgrund eines schwierigen Marktes in der Power-Sparte, befindet sich das Unternehmen im größten Umbau der Unternehmensgeschichte.
- GE führt einen tiefgreifenden Unternehmensumbau durch, an dessen Ende aus einem Unternehmen vier spezialisierte und fokussierte Unternehmen hervorgehen werden. GE selbst wird sich dann auf den Bau von Flugzeugtriebwerken, Windturbinen und Gaskraftwerken fokussieren. Die Tochterunternehmen GE Healthcare, Baker Hughes und GE Transportation werden abgespalten und an die Aktionäre in Form von Aktiendividenden durchgereicht. Aufgrund des großen Konzernumbaus fallen in 2018 und 2019 hohe Restrukturierungskosten an, die den Gewinn während dieser beiden Jahre nach unten drücken.
- 2017 hatte GE schlichtweg Pech und es ist so ziemlich alles an schlechten Nachrichten zusammengekommen, was in einem Jahr zusammenkommen kann. Der Großteil der negativen Faktoren ist aber einmaliger und nicht wiederkehrender Art. Der Aktienkurs ist seit Anfang 2017 um rund 60% eingebrochen. Der alte CEO musste gehen.
- Mit John Flannery hat ein erfahrener und erfolgreicher Manager die Nachfolge angetreten. Flannery hat sich knapp ein Jahr Zeit genommen, um die zukünftige Strategie von GE optimal auszuarbeiten. Der beschlossene Weg einer Aufspaltung in vier Unternehmen scheint der richtige Weg zu sein. Für mich ist ein klarer Pfad zurück zu alter Stärke zu erkennen.
- Der Wert der GE-Aktien dürfte vorsichtig gerechnet bei mindestens 17,60 USD liegen. Damit ist die GE-Aktie klar unterbewertet. Ich erwarte eine Rendite von mindestens 35% in zwei Jahren.
- Dass bei einem derart großen Unternehmen eine deutliche Unterbewertung eintritt, ist äußerst selten. Im Falle von GE dürfte es daran liegen, dass die Serie schlechter Nachrichten in 2017 irgendwann auch die letzten Optimisten verunsichert hat. Durch die komplexe Unternehmensstruktur ist es sehr schwierig, den fairen Wert der Aktie zu errechnen. Ich habe mir in dieser Analyse die Mühe gemacht. Besonders erfreulich ist, dass es gleich zwei Kurstreiber gibt, die für eine rasche Erholung des Aktienkurses in den nächsten zwei Jahren sprechen: Erstens wird der Konzernumbau bis Ende 2019 nahezu abschlossen sein, weshalb aufgrund sinkender Restrukturierungskosten der Gewinn ab 2020 wieder deutlich ansteigen sollte. Zweitens sorgt die Aufspaltung in vier Unternehmen dafür, dass der Konglomeratsabschlag entfällt. Spätestens nach der Abspaltung der wertvollen Healthcare-Sparte wird dem Kapitalmarkt auffallen, dass auch noch der Rest von GE einen Wert an der Börse hat. Es dürfte zu Kursanstiegen kommen.
- Aufgrund der Serie an schlechten Nachrichten in 2017 sind die Erwartungen an GE mittlerweile auf einem äußerst geringen Niveau. Es dürfte gut möglich sein, diese in den kommenden Jahren zu schlagen.
- Eine Investition in GE bietet sich sehr gut für langfristige Investoren an. In den Sparten Healthcare und Aviation herrscht eine stetig steigende Nachfrage. GE ist jeweils der klare Marktführer. In der Power-Sparte, also der Herstellung von Gaskraftwerken, senkt GE seine Kostenbasis deutlich ab. Sobald die Nachfrage nach neuen Gaskraftwerken wieder anzieht, dürfte der Gewinn deutlich steigen. Dann ist auch wieder mit einem Aktienkurs von über 20 USD zu rechnen. Die Abspaltungen der Transportation-Sparte (Wabtec), der Healthcare Sparte (GE Healthcare) und der Oli & Gas-Sparte (Baker Hughes) dürften in den ersten Jahren ihrer unternehmerischen Freiheit aufblühen und zusätzliche Werte freisetzen.
- Durch den großen Konzernumbau soll auch die Verschuldung binnen zwei Jahren wieder auf ein geringes Niveau zurückgefahren werden. Sinkende Kosten, eine geringere Verschuldung und steigende Gewinne sollten die Basis für nachhaltig steigende Dividendenzahlungen ab 2020 bilden.
- Auf dem aktuellen Kurs kauft man gleich vier Unternehmen mit guten Perspektiven zu einem sehr günstigen Preis ein, was zu einer langfristig sehr attraktiven Rendite führen sollte.
- Daher halte ich die GE-Aktie für kaufenswert. Es bietet sich (wie immer) an, schrittweise einzusteigen. Eine erste Position beim aktuellen Kurs von 13 USD zu eröffnen und (falls nochmals Druck auf die Aktie kommen sollte) bei 12, 11 und 10 USD jeweils die gleiche Menge nachzukaufen.
Kapitalistische Grüße,
Jonathan Neuscheler
Die hat diese Aktienanalyse gefallen?
Dann teste jetzt AlleAktien Premium aus. Ich stelle dir jede Woche exklusiv eine Qualitätsaktie vor, mit der du langfristig eine überdurchschnittliche Rendite erzielen kannst.
Quellen & Links zur GE Aktienanalyse
Beschreibung | Link |
GE Geschäftsbericht 2017 (englisch) | zum Geschäftsbericht |
GE Investor Update Unternehmenspräsentation vom Juni 2018 (englisch) | zur Präsentation |
GE CEO John Flannery im Porträt (englisch) | zur Website |
Warren Buffetts Meinung zu GE (YouTube-Video, 10 Minuten, englisch) | zum Video |
GE CEO John Flannery erklärt die neue Strategie von GE (YouTube-Video, 20 Minuten, englisch) | zum Video |
GE Aktienkursverlauf auf Ariva.de | zum Aktienkurs |
GE CEO John Flannery kauft weitere GE-Aktien (Artikel vom November 2017, englisch) | zum Artikel |
Artikel der Berliner Morgenpost vom August 2018 über den Konzernumbau von Siemens | zum Artikel |
GE Geschäftsbericht 2014 (englisch) | zum Geschäftsbericht |
GE Investor Relations-Seite mit allen Geschäftsberichten, Präsentationen und Quartalsabschlüssen (englisch) | zur Seite |
Finanzkennzahlen von GE im langfristigen Verlauf in schön aufbereiteten Charts auf macrotrends.net (englisch) | zu den Charts |
Aussagen über die Halbierung der Dividende auf CNBC (englisch) | zum Artikel |