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IBM: Der finale Abstieg naht — oder das beste Dividendeninvestment aller Zeiten?
Aktienanalyse International Business Machines | |
WKN | 851399 |
Symbol | IBM |
Preis | 122 EUR / Aktie |
Ausstehende Aktien | 920 Mio. |
Marktkapitalisierung | 110 Mrd. EUR |
Nettoguthaben | -30 Mrd. EUR |
Enterprise Value | 140 Mrd. EUR |
Dividendenrendite | 5,4% (2018) 6,21 USD (2018) |
Datum | 20.02.2019 |
Zusammenfassung International Business Machines
- IBM war bis in die 1990er "die" Technologiefirma schlechthin, hat praktisch 100% des Computer-Hardware- und Softwaremarktes dominiert. Niemand konnte sich vorstellen, dass je eine andere Firma IBM verdrängen könnte, da sie ausnahmslos den gesamten Computermarkt beherrschten: Software wie Hardware
- Durch zahlreiche schlechte Entscheidungen und Deals mit Microsoft, Adobe, Dell und Apple wurde IBM zu dem verdrängt, was IBM heute ist: Ein kleiner "Randspieler" (110 Mrd. EUR Marktkapitalisierung, 30 Mrd. EUR Schulden), der keine 90%-Marktdominanz mehr hat und erst in die unprofitablere Hardwarebranche und dann Beratungsbranche von der Konkurrenz hineinverdrängt wurde. Bei Informatik-Absolventen ist IBM lange keine "Traumfirma" mehr. Das Talent geht zu Facebook, Amazon und Netflix
- IBM ist für mich ein Beratungsunternehmen, kein Technologieunternehmen und das bereits seit ~2010 gemäß Umsatz- und Gewinnquellen. Der Umsatz mit Soft- und Hardware ist deutlich geringer.
- IBM scheint günstig, weil sie "für ein Technologieunternehmen" günstig bewertet sind (KGV ~10), Aktien zurückkaufen und die Dividende seit 22 Jahren erhöhen. Leider war das im letzten Jahrzehnt nicht nachhaltig: Umsatz und Gewinn des Unternehmens waren die letzten 8 Jahre rückgängig. Davon hat auch Warren Buffet sich 2011 täuschen lassen, es nach wenigen Jahren Haltedauer jedoch erkannt und die gesamte Position (mit Verlust) aufgelöst
- Hin und wieder lohnt sich auch der Einstieg in ein "sterbendes" Unternehmen (siehe drastische Umsatz- und Gewinnrückgänge), wenn der Preis besonders günstig ist. Jedoch denke ich, dass IBM auch dafür zu hoch bewertet ist
- IBM ist ein Haus voller Wissenschaftler, produzieren mehr Patente als kaum ein anderes Unternehmen. In den Bereichen AI, Blockchain, Big Data und Quantencomputer haben sie viele Experten, die neue Innovationen entwickeln. Kernfrage wird sein: Können sie das auch monetarisieren?
- Vielversprechendere, vorhersehbarere Geschäftsmodelle? Ich bin überzeugt, dass wir als Anleger erheblich vielversprechendere Unternehmen als Anlageoptionen haben. Ich finde nicht, dass IBM "per se" ein schwaches Unternehmen ist, jedoch gibt es am Aktienmarkt deutlich bessere Unternehmen mit jährlichen Umsatz- und Gewinnsteigerungen, die planbar sind
AUFBAU DER IBM AKTIEN-ANALYSE
- Geschäftsmodell von IBM
- Aktuell
- Zukunft
- Bewertung von IBM
- IBM im AlleAktien Qualitätsscore (AAQS): 7 von 10 Punkten
- Umsatzentwicklung, Gewinnentwicklung, Dividendenentwicklung
- Einordnung nach Peter Lynch
- Bewertung nach DCF-Modell
- Szenario-Analyse
- Chancen
- Risiken
- Fazit
1. Geschäftsmodell von IBM
IBM, das Beratungsunternehmen wider Willen
Die International Business Machines Corporation (IBM) ist ein US-amerikanisches IT- und Beratungsunternehmen mit Sitz im US-Bundesstaat New York. Neben der Beratung werden auch eigene Hardware und Software verkauft. Früher wurde das Unternehmen dank dem (ehemals) blauen Logo auch liebevoll "Big Blue" genannt, und weil es die #1 Technologie-Fabrik der Welt war. IBM hat die Anfänge der Computerwelt noch vor Apple und Microsoft dominiert. IBM ist immer noch eine der wertvollsten Marken der Welt (laut Forbes die 5.-wertvollste weltweit).
Aktuell beschäftigt IBM weltweit 366.600 Mitarbeiter, in Deutschland davon knapp 22.000. Das Unternehmen hat im Februar 2019 einen Börsenwert von ca. 110 Mrd. EUR.
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Neues Ziel: Cloud und Künstliche Intelligenz
IBM will kein langweiliges Beratungsunternehmen mehr sein. Sie wollen die nächsten Trendsetter werden und legen sich in jeden Tech-Trend voll rein: Mobile Computing/App Entwicklung 2015, Internet of Things 2016, Big Data 2017, Crypto und Blockchain 2018 und nun Künstliche Intelligenz 2019. Ich persönlich finde das relativ unseriös, jedem Trend hinterherzulaufen, seine Mission jedes Jahr zu ändern und keine klare Kernkompetenz zu haben. Es funktioniert teilweise trotzdem, gerade weil IBM ein Beratungsunternehmen ist: Abteilungsleiter vertrauen der starken IBM-Marke und wollen zu den neuesten Trends beraten werden. Der Umsatz und Gewinn gibt mir hier recht: Beides sinkt seit über 6 Jahren kontinuierlich 5-8% pro Jahr.
Cloud: Hier bietet IBM verschiedene Software-as-a-Service (SaaS, IaaS, PaaS) für Unternehmen an, sehr ähnlich wie es Amazon Web Services, Microsoft Azure und Google Cloud mittlerweile tun, die den Markt dominieren. Aus meiner Sicht ist der Leistungsumfang von IBM noch erheblich geringer und der Preis erheblich höher als von vergleichbaren Produkten bei Amazon. Amazon Web Services wurde 2006 gegründet, IBM Cloud Services 2015. Hier gibt es also einen fast 10-jährigen Unterschied an Erfahrung.
IBM Watson: Die Idee ist, Spracherkennung und Künstliche Intelligenz so zu vereinen, dass man aus einem Wirrwarr von großen Datenmengen eine Bedeutung ziehen kann (engl. "Business Insights"). Aktuell wird selbiges manuell von IT-Beratungsunternehmen (Deloitte, Accenture) aber auch Top-Management-Unternehmen wie McKinsey&Company oder BCG vorgenommen. Bisher wird IBM Watson kommerziell aber ausschließlich in Call-Centern zur automatischen Weiterleitung von Anrufen verwendet ("Wenn Sie bereits Kunde sind, drücken Sie bitte die Taste 1" / "Wenn Sie sich für Produkt A interessieren, drücken Sie bitte Taste 2" / ...). Aus meiner Sicht also zumindest bisher noch keine bahnbrechende Technologie.
IBM Q. Vor einem Monat (Januar 2019) hat IBM neue Quanten-Computer vorgestellt. Der "Q System One" ist für Firmen ausgelegt und der erste Quantencomputer, der B2B kommerziell vertrieben wird. Wie gut sich dieser verkaufen wird, steht noch in der Zukunft.
Es ist keinesfalls abzustreiten, dass IBM immer ein Unternehmen von Wissenschaftlern war. Zahlreiche bahnbrechende Erfindungen entstammen von IBM, und IBM ist auch an vielen weiteren Innovationen dran: Quantencomputer, AI, Blockchain, Big Data und viele mehr. Wenige Firmen weltweit besitzen und produzieren mehr Patente als IBM. Entscheidend wird jedoch sein, wie gut sie diese auch vermarkten und zu Geld machen können.
Potential: Schnittmenge aus Consulting und IT
IBM als Beratungsunternehmen kennt die Probleme der Kunden ganz genau. Das sehe ich als großes Potential, um exzellente Produkte um die Bedürfnisse der Kunden herum bauen zu können. So entstand auch die Idee zu IBM Watson: Unternehmen haben viele Datentöpfe, aber wissen nicht, was sie damit tun sollen, und was die Daten bedeuten. Ich habe dieses Problem bei meiner Beratungstätigkeit bei einer Top-Management-Beratung (MBB) immer wieder gesehen.
Reine Beratungsunternehmen würden eher selten eigene Produkte (Software / Hardware) verkaufen wollen, weil es einen starken Interessenskonflikt bzgl. Ehrlichkeit und Integrität erzeugt: Empfiehlt man das eigene Produkt oder das beste Produkt für ein bestimmtes Problem? Weil IBM jedoch sowieso weg vom Beratungsunternehmen will, könnte das passen.
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Webseite und Geschäftsbericht zeigen schnell: Viele Träume und Visionen, wenig Konkretes
Bei meiner Recherche ziehe ich vor allem vier Quellen ein: Den Geschäftsbericht, Unternehmensdarstellung nach außen (Webseite, Social Media, Interviews), und die Befragung von befreundeten Informatikern, die bei IBM arbeiten. Immer habe ich das gleiche Gefühl: Erstens will IBM "Alles für Alle" sein. Egal welcher namhafte Konzern bei IBM eine Anfrage schickt, ob sie A/B/C/... machen, IBM wird immer "ja" sagen. Es fehlt eine klare Zielgruppe, eine klare Ansage, was "IBM eigentlich macht und ausmacht." Und vor allem: Was IBM nicht macht. Es geht nicht glasklar hervor, wo die Kernkompetenz des Unternehmens liegt.
IBM macht Blockchain, Künstliche Intelligenz, Neuronale Netze und Cloud-Anbieter. Und Big Data. Und Hardware und Software, "alles mit Internet und Computer" sowieso. Alle trendigen und gehypten Begriffe finden sich im Geschäftsbericht, auf sehr hohem Abstraktionslevel, erklärt. Mir fehlt die Substanz und die Konkretheit: Wo liegt IBMs Kompetenz im Jahr 2019 und bei welchem Problem können sie mir als CEO helfen?
Ich denke: Es ist teils absichtlich abstrakt, die Bedeutung offen. IBM ist ein Beratungsunternehmen, da muss man für viele Aufträge aller Art offen sein und Interesse bei Entscheidungsträgern wecken. Die Unternehmensseiten der typischen IT-Beratungsunternehmen wie Deloitte oder Accenture lesen sich ähnlich abstrakt. Auffallend ist jedoch, dass stark die eigenen Software- und Hardwareprodukte beworben werden. Als Kunde ist nicht klar, ob wirklich immer "das beste Produkt" oder "das beste IBM Produkt" empfohlen wird. Es ist mir rein aus dem Geschäftsbericht auch nicht klar, wer letztendlich die Produkte kaufen soll oder wer die Zielgruppe angesichts der Konkurrenz (Amazon AWS, Google Cloud, Microsoft Azure, Deloitte, Accenture, ...) sein soll.
2. Bewertung der IBM Aktie
3. Chancen von IBM
- IBM wird ein wachsendes Beratungsunternehmen. Eine mögliche Zukunft sehe ich für IBM als Beratungsunternehmen im Premium-Segment. Ich habe jedoch das Gefühl, dass das Management von IBM diesen Weg nicht favorisiert oder akzeptiert. IBM bietet Beratungsdienstleistungen immer günstiger an, obwohl sie vielleicht nicht müssten: Die Marke und das Ansehen sind (noch) intakt, wenn auch angeschlagen (zumindest unter Branchenkennern und Informatikern).
- IBM wird Technologieführer und schafft es, sich neu zu erfinden. Es ist nicht abzustreiten, dass IBM durch die vielen Beratungsengagements tiefe Einblicke in viele unterschiedliche Unternehmen gewinnt, und die Probleme der Kunden genau erklärt bekommt. Es kann IBM aus dieser Möglichkeit heraus gelingen, neue eigene Blockbuster-Produkte aufzulegen. IBM spricht viel von Innovation, AI, Big Data, Blockchain, Quantum-Computing und mehr. Konkretes zeigen sie fast nicht auf der Webseite, auch nicht zu IBM Watson. Möglicherweise sitzen sie aber auf einer großen Innovation und haben nur Probleme, diese bisher zu artikulieren.
- Kontinuierliche Dividende zum Mitnehmen. Dividendeninvestoren und zuversichtliche Investoren wissen die kontinuierlichen Dividendensteigerungen, die es nun schon seit 22 Jahren gibt, sehr zu schätzen. Es wird stark angenommen, dass die Dividende auch kommendes Jahr wieder steigt. IBM schüttet aktuell 47% der Gewinne als Dividenden aus. Bleibt der Kurs stabil, so kann man sich auf eine gute Dividendenrendite von >4% freuen.
4. Risiken von IBM
- Überschuldung bei Zinserhöhungen und weiteren Neuschulden: Probleme bei der Zinsdeckung gibt es jedoch noch keine. Weniger als 5% des operativen Gewinns werden für die Zinszahlungen aufgewendet, vor 4 Jahren waren es nur 2,5%. Auf jeden USD Eigenkapital kommen aktuell 3 USD Schulden. Aktuell ist dies noch kein Problem, weil die Schulden mit sehr geringen Zinsen finanziert sind - durchschnittlich nur 1,5% Zinsen (700 Mio. USD) pro Jahr auf die geliehenen 45 Mrd. USD. Verdoppeln oder verdreifachen sich diese Zinsen auf 3% bzw. 4,5% pro Jahr durch Zinsanhebungen, werden schnell 10 bzw. 15% des EBITs für die reinen Zinszahlungen fällig.
- Kommerzialisierung der Innovationen: Für mich ist klar, dass IBM viele wissenschaftliche Innovationen am laufenden Band produziert. Hunderte neue Patente werden jedes Jahr veröffentlicht und einige der cleversten Forscher arbeiten hier zusammen. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob sie diese Innovationen auch kommerzialisieren können. Ich glaube unter anderem auch, dass IBM auch jetzt noch auf vielen "verborgenen Schätzen" sitzen könnte, wo jedoch ein unternehmerisch-denkender Produktmanager fehlt, der das Projekt bis zur Umsetzung, Vermarktung, und Kommerzialisierung voll durchzieht.
Fazit: Halten
Mein Fazit ist, wie immer: Es hängt alles von den Annahmen ab. Welchem Szenario aus meinem Modell hältst du für am realistischsten? (Optimistisch, Aktuell, Pessimistisch). Schreib es gerne unter diese Analyse als Kommentar.
Als konservativer Investor halte ich das Pessimistische Szenario für am wahrscheinlichsten. Ich will nie Geld verlieren. Deshalb will ich auch im Pessimistischen Szenario eine Unterbewertung von >30% sehen. Ich bin auch kein Dividendeninvestor, deshalb spornt mich die hohe Dividendenrendite von >4% nicht an. Dividenden sind hoch besteuert und Kursgewinne sind steuerfrei (Wohnort: Schweiz). Wichtig ist auch, dass es eine endlose Dividendensteigerung nicht ohne Gewinnwachstum geben kann.
Sollte der Kurs drastisch einbrechen und der Cashflow der kommenden 20 Jahre dann günstig einzukaufen sein, so würde ich zuschlagen. Obwohl IBM sicher viele Innovationen unter der Haube hat, bin ich nicht so spekulativ unterwegs, dass ich jetzt schon darauf wetten würde. Ich will die Umsetzung und eine klare Roadmap sehen, mit unterzeichneten Verträgen.
Mehr als 60% des Umsatzes werden inzwischen durch Beratungstätigkeiten erwirtschaftet. Nur 30% und 10% jeweils mit Software und Hardware. IBM will sich seit mehreren Jahren mit neuen Erfindungen und Trends neu erfinden: Big Data, AI, Blockchain, Quantum Computing. Bei allen gibt es tolle Forschungsergebnisse, aber die Kommerzialisierung stockt. Die Innovationen fahren wenig Umsatz ein. Ein großes Potential versteckt sich hier möglicherweise noch.
Umsatz und Gewinn stagnieren seit mehreren Jahren. Die Bewertung spiegelt wider, dass aktuell ein endloses 2%-iges Umsatzwachstum (durchschnitt letzte 5 Jahre: -3%) und eine EBIT-Marge von 20% (durchschnitt letzte 5 Jahre: 15%) erwartet ist. Der Markt nimmt IBM also relativ positiv wahr, preist einen erwarteten Umsatz-und-Gewinn-Aufwärtstrend bereits ein. Ich finde, dass IBM dafür aktuell sehr fair bewertet ist.
Ich sehe für mich daher aktuell andere Aktien, die vorhersehbarere und steigende Gewinne abwerfen, mit starken Burggräben. Berkshire Hathaway, Apple, Mastercard/Visa und Adobe finde ich spannender.
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Liebe Grüße,
Michael C. Jakob
Quellen & Links
Beschreibung |
IBM Investor Relations |
IBM Cloud |
IBM Analyse: Stay calm, Stay long |
IBM Quantum Computing |
Yahoo Finance IBM |