Nachkaufalarm: General Electric/GE (WKN: 851144)
Was ist passiert?


Darum ist der Kurs gefallen
In meiner ausführlichen Aktienanalyse zu GE vom 30. August 2018 bin ich in aller Tiefe auf das Geschäftsmodell, die Chancen und auch die Risiken von GE eingegangen. Falls du GE noch nicht gut kennst, empfehle ich dir, diese Aktienanalyse jetzt in Ruhe durchzulesen.
Der Aktienkurs notierte im August 2018 noch bei 13 USD und damit deutlich oberhalb des jetzigen Niveaus von 9 USD. Damals erschien mir die Aktie bereits klar unterbewertet. Doch bevor ich auf meine aktuelle Einschätzung zu sprechen komme, möchte ich dir kurz die Gründe für den massiven Kursverfall erläutern, der sich seit August 2018 fortgesetzt hat.
- Ertragsprobleme in einzelnen Sparten: GE ist ein großes Konglomerat. Unter dem Unternehmensdach befinden sich zahlreiche Unternehmen, die in völlig verschiedenen Branchen tätig sind. In einer der wichtigsten Sparten des Unternehmens, der Energiesparte, halbierte sich der operative Gewinn in einem Jahr. Weltweit ging die Nachfrage nach neuen Gaskraftwerken rapide zurück. Im Öl- und Gasgeschäft bekam GE die Spätfolgen des bis Mitte 2017 eher niedrigen Ölpreises zu spüren. GE beliefert die Öl- und Gasindustrie mit Equipment und Anlagen, um Öl und Gas zu fördern und zu verarbeiten. In Zeiten eines niedrigen Ölpreises werden kaum neue Quellen erschlossen und es wird nicht investiert. Ab Mitte 2017 hat sich der Ölpreis aber deutlich erholt, sodass der Auftragseingang dieses Segmentes in 2017 bereits um 57% anzog. Die Ertragsperlen Aviation und Healthcare liefen hingegen besser als je zuvor. Insgesamt ist aufgrund dieser Entwicklungen der operative Gewinn im Industriegeschäft im Jahr 2017 um rund 17% auf 14,7 Mrd. USD zurückgegangen.
- In der Finanzsparte wurde 2017 ein Verlust von 6,2 Mrd. USD verbucht. Die Verluste resultieren aus Geschäften aus alten Zeiten. Die Finanzsparte wird seit 2009 zurückgefahren.
- Die US-Steuerreform hat für eine einmalige Sonderbelastung von 3,3 Mrd. USD gesorgt.
Das waren die größten Probleme in 2017. Grundsätzlich hat GE mit zwei Problemen zu kämpfen: Einem Ertragsproblem (weil in der Energiesparte kaum noch Gewinn erwirtschaftet wird) und einem Substanzproblem (weil durch immense Aktienrückkäufe und teure Übernahmen die Verschuldung stark erhöht wurde).
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GE reagierte 2018 mit einem Plan der Neuausrichtung auf diese Probleme. GE möchte die Probleme in der Energiesparte lösen. Außerdem sollen einzelne Unternehmensteile abgespalten und direkt an die Aktionäre durchgereicht werden. Da auf die neuen Unternehmen auch Schulden mit übertragen werden können, sinkt die Verschuldung beim eigentlichen GE-Unternehmen ab. Außerdem kann GE Teile der abzuspaltenden Unternehmen an der Börse verkaufen und dadurch viel Geld einnehmen. Das Problem der geringen Substanz/hohen Verschuldung ist meiner Meinung nach also gut zu lösen.

Das Problem der geringen Ertragskraft in der Energiesparte wird ebenfalls angegangen. Durch die Schließung von Werken und die Entlassung von Mitarbeitern kann die Auslastung der verbleibenden Werke erhöht werden. Die Kosten können gesenkt werden. Auch bei einer dauerhaft geringeren Nachfrage nach Gaskraftwerken kann GE somit wieder profitabel wirtschaften.
Ich finde diese Strategie sehr stimmig. Trotz der Probleme darf nicht vergessen werden, dass GE insbesondere mit der Healthcare- und der Aviation-Sparte auf wahren Ertragsperlen sitzt. Daher bin ich in meiner Aktienanalyse vom August 2018 auch zum Fazit gekommen, dass ich die GE-Aktie für kaufenswert halte. Die Summe der Unternehmensteile war schon damals mehr Wert als der Börsenkurs. Seitdem ging es mit der Aktie nochmals kräftig bergab. Warum?
Im dritten Quartal 2018 haben sich die Probleme verschärft:
- In der wichtigen Energiesparte verschlimmerte sich die Ertragssituation. Die Nachfrage nach Gaskraftwerken ging weiter zurück. Daher hat sich das Management dafür entschieden, die Sparte noch stärker zu verkleinern als zunächst angenommen. Die Schließung von weiteren Werken kostet zuerst einmal viel Geld. Langfristig wirken sich die geringeren laufenden Kosten aber sehr positiv aus. Sobald die Nachfrage nach Gaskraftwerken wieder anzieht, dürfte GE zum großen Profiteur werden.
- Der CEO wurde ausgewechselt. GE wird jetzt von Lawrence Culp geführt. Lawrence Culp ist ein äußerst talentierter Manager. Er leitete viele Jahre lang Danaher. Culp hat seinen Amtsantritt genutzt, um die Altlasten auszukehren. Es wurde Goodwill in Höhe von 22 Mrd. USD abgeschrieben. Daher verbuchte GE im dritten Quartal auch einen Verlust von 22 Mrd. USD. Wichtig zu wissen: Die Goodwill-Abschreibung ist nicht mit einem Cash-Abfluss verbunden. Die Verschuldung hat sich dadurch nicht erhöht.
- Die Dividende wurde abermals gekürzt. Anstelle von 0,12 USD pro Quartal werden jetzt nur noch 0,01 USD pro Quartal ausbezahlt. Ein harter Eingriff. Ich halte ihn für sinnvoll. GE kann nun vier Mrd. USD mehr einbehalten und damit die Bilanz stärken. Sobald die Umstrukturierung abgeschlossen ist, möchte GE wieder zu einer branchenüblichen Ausschüttungsquote zurückkehren.
So schätzen wir die Situation ein
Zunächst einmal möchte ich festhalten: GE ist ein äußerst bedeutsames Hightech-Unternehmen, das aktuell mit einem Ertrags- und einem Substanzproblem zu kämpfen hat. Der Wert der Healthcare- und der Aviation-Sparte ist höher als je zuvor. Zusammen dürften beide Sparten rund 200 Mrd. USD wert sein. Der Börsenwert von GE liegt aktuell jedoch nur bei 80 Mrd. USD. Die weiteren Sparten habe ich in die Wertermittlung noch nicht einmal einbezogen.
Aktuell wird der hohe Wert der Unternehmensteile vom Ertragsproblem in der Energiesparte überschattet. Die Restrukturierung dieser Sparte läuft aber bereits auf Hochtouren. Spätestens 2020 dürften die Kosten soweit gesenkt sein, dass auch die Energiesparte wieder hübsche Gewinne abwerfen sollte. Bis dahin sollte auch die Aufspaltung in vier neue und kleinere Unternehmen abgeschlossen sein. Dann werden die Aktionäre wieder das Ertragspotential und den Wert der einzelnen (dann selbstständigen) Sparten erkennen und der Aktienkurs dürfte wieder deutlich höher stehen.
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Die fast vollständig zusammengestrichene Dividende hat nochmals für einigen Wirbel gesorgt. Wir sind der Meinung, dass mittlerweile alle schlechten Nachrichten mehr als eingepreist sind. GE könnte sich vom aktuellen Niveau in wenigen Jahren verdoppeln und damit eine sehr attraktive Investition werden.
Wir halten die Aktie weiterhin für kaufenswert und bekräftigen unsere positive Einschätzung der GE-Aktie vom August 2018. Wir können durch die eingeleiteten Maßnahmen einen klaren Pfad zurück zu alter Stärke erkennen. Wie bei jeder Aktie kann es auch bei GE einige Zeit dauern, bis andere Marktteilnehmer das auch so sehen. Der Aktienkurs könnte in den nächsten Wochen auch noch ein wenig tiefer fallen. Die fast vollständige Dividendenkürzung sorgt dafür, dass viele Dividendeninvestoren der Aktie den Rücken zukehren. Die dadurch ausgelösten Verkäufe drücken auf den Aktienkurs. Wir rechnen damit, dass GE in 2-3 Jahren wieder zu einer branchenüblichen Ausschüttung zurückkehren wird.